Fr. Apr 19th, 2024

Abteilungsleiterin der Umwelt- und Naturschutzbehörde im Landratsamt ND-SOB und „Tillypark-Geschäftsführerin“:

„Es gibt keine feindliche Konstellation Naturschutz gegen Wirtschaft. Sie passen sehr gut zusammen“. Annette Lenz, Oberregierungsrätin im Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, ist gebürtige Burgheimerin, machte am Descartes-Gymnasium in Neuburg ihr Abitur und studierte anschließend in Regensburg und München Rechtswissenschaft.

Mussten Sie zur Finanzierung Ihres Studiums auch jobben?

Ja, ich habe in einer Fabrik Käse bearbeitet, war Bedienung und auch Putzfrau. Dabei habe ich festgestellt, dass man sich in vielen Tätigkeiten relativ schnell hocharbeiten kann, von der Käsebearbeiterin zur Ober-Käsebearbeiterin, von der Service-Kraft zur anspruchsvollen Bedienung usw. Man darf nur nicht denken: Oh Gott, jetzt bin ich eine Putzfrau und muss schon wieder in die Arbeit! Man muss seine Arbeit positiv sehen.

Mit Ihrem Jurastudium hätten Sie auch Rechtsanwältin oder Richterin werden können. Wie kamen Sie zur Umwelt- und Naturschutzbehörde?

Nach dem Studium stand ich vor der grundsätzlichen Entscheidung: Freie Wirtschaft oder öffentlicher Dienst? Ich habe mich in der freien Wirtschaft umgesehen, hatte aber das verlockende Angebot, als Beamtin des Freistaats Bayern in den Landkreis ND-SOB zurückkehren zu können. Ich habe daher den öffentlichen Dienst gewählt und konnte nach einer 6-wöchigen Einarbeitungsphase in der Regierung von Oberbayern im Landratsamt ND-SOB anfangen.

Neuburg-Schrobenhausen ist – gemessen an der Bevölkerungszahl – der kleinste Landkreis in Bayern. Wäre eine Arbeit in der Großstadt München nicht interessanter gewesen?

Meine Arbeit hier hat mir von Anfang an wahnsinnig viel Spaß gemacht! Man ist ganz nah am Geschehen; man kann wirklich vor Ort etwas gestalten, bewegen, mit dem Bürger gemeinsam einen Weg finden. Das ist ganz was anderes als in den höheren Instanzen wie in der Regierung oder im Ministerium. Dort ist man schon so weit weg und alles ist bereits zigmal „durchgekaut“! Außerdem bin ich dem Landkreis sehr verbunden, bin ja hier aufgewachsen, kenne die Menschen, ihre Mentalität, die Natur und mit diesem Verständnis macht es noch mehr Spaß!

Sie sind Abteilungsleiterin der Naturschutz- und Umweltbehörde, zu deren Hauptaufgaben die Bereiche Wasserrecht, Naturschutzrecht und Emissionsschutzrecht zählen. Zusätzlich sind Sie als Geschäftsführerin der Tilly-Immobilien-Verwertungsgesellschaft für die Veräußerung der ehemaligen Liegenschaften der Tillykaserne verantwortlich, wozu auch die Betreuung der Firmen gehört. Schließen Naturschutz und Wirtschaft sich nicht gegenseitig aus?

Nein, Umweltschutz und Konversion passen sogar sehr gut zusammen! Es ist doch weitaus günstiger und besser, gewerbliche Flächen wieder nutzbar zu machen, als dafür neue Flächen auf der grünen Wiese auszuweisen. Es gibt auch nicht mehr diese feindliche Konstellation „Umwelt-/Naturschutz gegen Wirtschaft“, sondern es ist ein gutes Miteinander.

Den Unternehmen ist klar, dass sie auf die natürlichen Lebensgrundlagen wie Wasser, Boden und Luft Rücksicht nehmen müssen. Umweltschutz ist für die Firmen auch ein Werbefaktor, der nicht viel kosten muss. Im Gegenteil: Energiesparmaßnahmen SPAREN Geld. Wasser im Kreislauf zu verwenden, SPART auch Geld. Ich bin seit 13 Jahren für den Landkreis tätig und merke, dass die Firmen von sich aus, mit dem Umweltpakt, mit freiwilligen Vereinbarungen etc. viel weiter sind, als oft vermutet wird.

Welche positiven Ergebnisse können Sie und Ihre Mitarbeiter vorweisen?

Es gab ganz viele Erfolge z.B. beim Gewerbegebiet Kreut/Tillypark und im Existenzgründerzentrum. Auch die Realisierung der Umweltbildungsstätte „Haus im Moos“, das gesamte Donaumoos-Entwicklungskonzept, sowie die Konzeption eines Holzhackschnitzel-Heizwerkes in Schrobenhausen sind Dinge, auf die ich stolz bin. Ganz wichtig ist auch die Umsetzung des Rahmenkonzeptes für die Dynamisierung der Donauauen zwischen ND und IN.

Was haben Sie in nächster Zukunft im Visier?

Die Dynamisierung der Donauauen mit wissenschaftlicher Begleitung durch ein „Auen-Institut“ in enger Zusammenarbeit mit der Kath. Universität in Eichstätt ist ein ganz großes Projekt! Das zweite Ziel ist ein weiterer Schritt in eine Fernwärmeanlage in Schrobenhausen, vorerst für den ganzen Schul- und Hallenbadbereich. Man muss mit „kleinen Zellen“ anfangen und diese später ausbauen und verbinden.

Was gefällt Ihnen nicht an Ihrem Beruf?

Das schlechte Image der Beamten bzw. die Meinung der Bevölkerung über den öffentlichen Dienst. Ich gehöre ja auch dazu und es stört mich, dass nicht anerkannt wird, welch gute Arbeit wir leisten. Die ganz große Masse arbeitet doch sehr engagiert und trotzdem wird geschimpft. Die Gesetze, Verordnungen und Normen werden ja nicht vom Landratsamt ND-SOB gemacht, sondern im Landtag, Bundestag und im Europäischen Parlament. Sie sind Ausdruck des Willens der Demokratie. Die Leute wollen also ein Gesetz z.B. gegen den Funk. Es gehört zu den Aufgaben der Politik, Gesetze zu erlassen und regelnd einzugreifen. Und wenn es dann in Kraft tritt, geht der Ärger los.

Würden Sie Ihren Beruf nochmals ergreifen?

Ja, ich kann mir momentan keine schönere und interessantere Tätigkeit vorstellen.

Was war Ihr Traumberuf?

Beamtin auf alle Fälle nicht! Ich stamme aus einem kleinstrukturierten, landwirtschaftlichen Familienbetrieb und wäre sehr gern in der Landwirtschaft tätig gewesen. Es ist aber anders gelaufen.

Welche Hobbys haben Sie?

Sport, Musik, Lesen

Was essen Sie gern?

Wildgerichte mit Spätzle

Was können Sie nicht leiden?

Intoleranz, Egoismus, Rücksichtslosigkeit

Worüber ärgern Sie sich?

Über Neid, Unzufriedenheit und die Gedankenlosigkeit oder Kurzsichtigkeit mancher Mitmenschen hinsichtlich ihres Kaufverhaltens bei Nahrungsmitteln. Anstatt sich auf regionale und saisonale Produkte zurück zu besinnen und damit auch die regionalen Erzeuger zu unterstützen, werden z.B. Erdbeeren außerhalb der Saison von irgendwoher gekauft oder Fertigprodukte aus der Tüte verwendet. Und beim nächsten Lebensmittelskandal – wie kürzlich die illegale Verwertung von genussuntauglichen Schlachtresten – sind sie dann total entsetzt, wenn sie befürchten müssen, selbst evtl. Produkte aus dem „Ekelfleisch“ gegessen zu haben.

Worüber freuen Sie sich?

Über schöne Musik, schöne Bilder oder einen schönen Tag.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Privat: Gesundheit und Zufriedenheit und beruflich: weiterhin dieses interessante Umfeld, das ich jetzt habe, sowie mehr Akzeptanz unserer Arbeit

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