Schere-Stein-Papier: Älter als die Schere selbst
Ching-Chang-Chong ist nichts für Kinder. Tatsächlich handelt es sich bei dem Spiel um Stein, Schere, Papier um ein Kulturerbe der Menschheit. Ob Ching-Chang-Chong, Schnick-Schnack-Schnuck oder Schäri-Stei-Papier, wie der Schweizer sagt – bei dem wohl ältesten Spiel der Welt zählt nicht Glück allein: Taktik, Bluff und Psychologie entscheiden.
Die Ursprünge des Hand-Spiels sind umstritten: Mal nehmen die Historiker ägyptische Ursprünge an, mal glauben die Gelehrten, bei Ching-Chang-Chong handele es sich um eine Weiterentwicklung des altrömischen Moralspiels, bei dem die Anzahl der nach dem Countdown gezeigten Finger zählte – das also noch ohne die Figuren Schere-Stein-Papier auskam.
In Japan ist diese Variante bis heute sehr beliebt. Hier finden sich auch die ältesten Belege: Unter dem Namen Jan Ken Pon wird es in der Literatur als erstes um 200 vor Christus erwähnt, also weit vor Erfindung der Gelenkschere im Mittelalter. Von dort fand Ching-Chang-Chong seinen Weg nach Hawaii und China, ehe neue Handelsrouten das Spiel per Schiff nach Frankreich brachten, wo es seit Mitte des 16. Jahrhunderts gespielt wird. Aus China kommt auch die einigermaßen merkwürdige Regel, nach der das Papier den Stein zudeckt. Der Kaiser von China saß jeder Gerichtsverhandlung im Land vor, ließ sich aber durch ein weißes Blatt Papier vertreten. Der Klagegegenstand wurde durch einen Stein symbolisiert. Je nach Urteilsspruch wurde der Stein entweder auf das Papier gelegt (Klage stattgegeben) oder vom Papier zugedeckt (Klage abgewiesen).
Mögen die Anfänge des Spiels auch im Dunklen der Frühgeschichte liegen – zahlreiche Ching-Chang-Chong-Varianten werden quer durch alle Kulturen seit Jahrtausenden gespielt. Handhaltungen und Figuren wechselten, noch heute gibt es Abwandlungen mit Elefant, Mensch und Ameise (Indonesien), Feuer, Schlange und Wasser (Taiwan) oder Krieger, Tier und Mutter des Kriegers (Japan). In Amerika ist Ching-Chang-Chong kein Freizeitvergnügen sondern Sportart. Die „World Rock Paper Scissors Society“ fungiert als Weltverband und wacht mit Argusaugen über die Einhaltung des Reglements, ambitionierte Ro-Sham-Bo-Spieler leisten sich auch schon einmal einen Privattrainer.
Das Ziel des Spiels für Zwei ist überall gleich: Eine höherwertige Handhaltung als der Gegenspieler. Alles ist ganz einfach: Schere schneidet Papier, Papier deckt Stein zu, Stein schleift Schere. Und weil inzwischen auch Computer bis drei zählen und dabei Ching-Chang-Chong sagen können, spielen inzwischen Großrechner gegeneinander. Anders als beim Schach sind sie gegen den Menschen allerdings (noch) chancenlos. Ihnen fehlt das Pokerface. Mit Wahrscheinlichkeitsrechnung ist der Sache nicht beizukommen.