Wissen oder Fake News? Ergebnisse einer AOK-StudieBonn – Der digitale Wandel macht bekanntlich vor keiner Branche halt. Auch das Gesundheitswesen befindet sich mitten in der digitalen Transformation. Digitale Helfer wie Smartphone, Laptop oder Apps sind kaum noch wegzudenken und die Menge an Gesundheitsinformationen im Netz nimmt stetig zu.
Damit dieser Prozess erfolgreich verläuft, müssen Verbraucher digitale Informationen und Angebote auch richtig nutzen können. Der digitalen Gesundheitskompetenz fällt dabei eine Schlüsselrolle zu. Jedoch hat offenbar jeder zweite Deutsche Probleme, Gesundheitsinformationen online zu finden, zu verstehen, zu bewerten und für sich zu nutzen. Das jedenfalls geht aus einer repräsentativen Umfrage der AOK zur digitalen Gesundheitskompetenz in Deutschland hervor, die kürzlich in Berlin vorgestellt wurde.
Ein Marktforschungsinstitut befragte im Auftrag der Krankenkasse online deutschlandweit 8.500 Frauen und Männer im Alter von 18 bis 75 Jahren. Die digitale Gesundheitskompetenz wurde in sieben unterschiedlichen Bereichen gemessen. Das eigentliche Suchen nach Informationen sowie die Bewertung, wie verlässlich und relevant die gefundenen Gesundheitsinformationen sind, fällt den Befragten am schwersten: Den Ergebnissen zufolge verfügt mehr als die Hälfte der Interviewten demnach über eine eingeschränkte digitale Gesundheitskompetenz (52,4 Prozent). Fast jeder Zweite hat Probleme zu beurteilen, ob Informationen zuverlässig sind oder nicht (48,4 Prozent). 40 Prozent finden es zudem „schwierig“ oder „sehr schwierig“, herauszufinden, ob hinter den Gesundheitsinformationen kommerzielle Interessen stehen.
Soziodemografische Merkmale haben dabei offenbar nur einen geringen Einfluss. So zeigen Frauen sowie Personen mit höherem Einkommen und höherer Bildung tendenziell eine höhere digitale Gesundheitskompetenz, was auch auf jüngere Menschen zutrifft. Allerdings steigt der Anteil der Menschen mit einer eingeschränkten digitalen Gesundheitskompetenz mit zunehmendem Alter nur unwesentlich an.
Auch die Herkunft spielt keine wesentliche Rolle: Menschen mit Migrationshintergrund haben eine etwas geringere digitale Gesundheitskompetenz als Menschen ohne Migrationshintergrund. Deutlich sei vor allem der Zusammenhang von Gesundheitszustand und digitaler Gesundheitskompetenz, heißt es der Studienzusammenfassung. Bei den Befragten, die ihren Gesundheitszustand als schlecht einschätzen, haben 60,3 Prozent eine eingeschränkte digitale Gesundheitskompetenz, in der Gruppe mit sehr gutem Gesundheitszustand sind es nur 40,6 Prozent.
Übrigens gilt auch für den Ernährungsbereich, dass gut jeder Zweite in Deutschland Probleme im Umgang mit Fragen zur Ernährung hat. Ob man Nährwertkennzeichnung richtig nutzt, Lebensmittel selbst zubereitet, gesunde Vorräte lagert, Mahlzeiten bewusst einplant, trotz knapper Mittel sich gesund ernährt, gemeinsam isst, Süßem widerstehen kann oder die richtigen Snacks wählt – all das gehört per Definition zur Ernährungskompetenz, im Fachjargon auch als Food Literacy bezeichnet. Auch um diese ist es in Deutschland nicht allzu gut bestellt, wie ebenfalls eine Studie der AOK zeigt. Demnach verfügt mehr als die Hälfte der Bundesbürger (53,7 Prozent) über eine problematische oder gar inadäquate Ernährungskompetenz.
Anlass zur Sorge geben vor allem die Jüngeren. In der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren weisen lediglich 37,1 Prozent der Befragten eine ausreichende Kompetenz vor. „Nur jeder dritte junge Erwachsene weiß, wie gesunde Ernährung funktioniert. Das ist alarmierend“, so Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Für einen Kurswechsel müsse das Thema gesunde Ernährung fest in unserem Bildungssystem und den Curricula verankert werden und darüber hinaus in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung etabliert werden, so Litsch. – Rüdiger Lobitz, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung