Ingolstadt, (upd) – Seit geraumer Zeit stehen global agierende Konzerne wie Amazon oder Google in der Kritik für Taktiken der Steuervermeidung. Derzeit diskutieren die Mitgliedsstaaten der OECD eine internationale Mindeststeuer für Unternehmen, die solche Praktiken unterbinden soll. Besonders ein Vorstoß der USA hat die Debatte nun neu belebt.
„Generell spielt jenseits von konkreten Summe, die eine solche Steuer generieren soll, in der Diskussion tatsächlich der Begriff von Gerechtigkeit eine Rolle. Viele Unternehmen, die keine Gewinne verlagern, fühlen sich im Vergleich zu Wettbewerbern ungerecht behandelt – beispielsweise der Einzelhandel relativ zu Amazon“, erläuterte Prof. Dr. Dominika Langenmayr von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Sie ist Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre (insbesondere Finanzwissenschaft) und beschäftigt sich unter anderem mit internationaler Steuerpolitik sowie Strategien der Steuervermeidung multinationaler Unternehmen. Länder wie Frankreich hätten sich zwischenzeitlich dazu veranlasst gesehen, in Eigenregie Regelungen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft erlassen, die wiederum zu einem Flickenteppich an Vorgaben sowie zu Doppelbesteuerung führten. „Auch die Unternehmen selbst haben kein Interesse an einer Vielfalt von Einzelregelungen“, so Langenmayr.
Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten jetzt bei einer internationalen Mindeststeuer mitzögen, mache die tatsächliche Umsetzung realistischer. Hintergrund für dieses Umschwenken im Vergleich zur früheren Regierung seien Staatsausgaben im großen Stil – etwa für Corona-Hilfsmaßnahmen – die Steuererhöhungen erforderlich machten. Das Engagement für die Mindeststeuer solle sicherstellen, dass tatsächlich auch höhere Einnahmen für den Fiskus entstünden. Zuvor habe man es in den USA lange als Vorteil für heimische Konzerne gesehen, wenn diese ihre Einnahmen über Steueroasen abwickeln.
Neben dem konkreten Steuersatz ist, wie Langenmayr betont, jedoch auch noch offen, auf welcher Bemessungsgrundlage die Steuer erhoben werden soll – also welche Ausgaben die Firmen etwa für Forschung und Entwicklung steuermindernd geltend machen kann. Die Mindeststeuer dürfe nicht nur auf dem Papier gut aussehen, sondern auch effektiv greifen. Grundsätzlich könne sie ein wirksames Instrument sein, um Gewinnverlagerung zu vermeiden. „Voraussetzung dafür ist, dass starke Lobby-Arbeit nicht zu vielen Ausnahmeregelungen führt“, so Langenmayr weiter. Auch mit einer Mindeststeuer werde es weiterhin einen internationalen Wettbewerb geben, um durch die Gestaltung von Steuersätzen attraktiv für Firmen zu sein. Jedoch werde durch die Mindeststeuer dabei eine Untergrenze geschaffen. – Constantin Schulte Strathaus, KU Eichstätt-Ingolstadt