Fr. Apr 19th, 2024

Seit 1853: Levi´s Jeans

Ihre Karriere ist unvergleichlich. Sie bestimmt nicht nur weltweit die Mode, sondern auch unser Straßenbild und das allgemeine Lebensgefühl: Die Jeans. Ihr Siegeszug begann vor rund 150 Jahren in Amerika, und der aus Bayern stammende Vater aller Jeans ist Levi Strauss.

Dabei hat der Gründer des Levi Strauss & Co. Konzerns, der heute ungefähr 11.400 Mitarbeiter beschäftigt und einen Umsatz von ca. 4,4 Milliarden US-Dollar aufweist, klein angefangen. Er wurde am 26.Februar 1829 unter dem Namen Löb Strauß in Buttenheim bei Bamberg als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Als Löb 16 Jahre alt war, starb sein Vater, der sein Brot als Hausierer und Tuchhändler verdiente, an Tuberkulose, und Löbs Mutter Rebecca entschloss sich, um der Armut zu entgehen, nach Amerika auszuwandern. Ihr Weg führte sie nach New-York, wo bereits ihre zwei ältesten Söhne im Textilhandel tätig waren. Löb, der sich nun Levi nannte, stieg dort in das Geschäft seiner beiden Brüder mit ein. 1853, im Zuge des allgemeinen Goldrausches, folgte Levi dem Run nach Westen. In San Francisco gründete er einen Handel von Stoffen und notwendigen Alltagsdingen wie Zahnbürsten, Hosenträger oder Knöpfe.

Strauss verkaufte nicht nur an seine Kundschaft in San Francisco, sondern auch an Goldgräber vor Ort, die gut bezahlten. Eines Tages kam ihm ein Gedankenblitz. Die Goldgräber hatten einen großen Bedarf an strapazierfähigen Hosen, und er selbst hatte einen Überschuss an robustem, aus Hanf gefertigtem Segeltuch. Das war die Geburtsstunde der Jeans, auch wenn die Hosen damals braun waren und – wie wir später hören werden – noch ohne Nieten. Der erste Kunde dieser Arbeitshosen soll derart begeistert davon gewesen sein, dass er durch die Stadt zog und überall für sie warb. Wenige Jahre später stieg Levi vom Segeltuch auf Denim, einen mit Indigo gefärbten Baumwollstoff um. Den Schnitt seiner Arbeitshosen leitete er von einfachen Baumwollhosen ab, die in der italienischen Stadt Genua verbreitet waren. Durch den Slang der amerikanischen Sprache wurde aus der französischen Form des Städtenamens Genua (Gênes) das heutige Wort „Jeans“ geprägt.

Nietenhosen wurden aus den Jeans erst im Jahr 1870. Da kam der aus Riga stammende Schneider Jacob Davis, der für Strauss arbeitete, auf die Idee, die Ecken der Hosentaschen und das untere Ende des Hosenlatzes mit Nieten eines Pferdegeschirrs zu verstärken. Das war sinnvoll, da die Goldgräber ihre Hosentaschen zwar nicht immer mit Goldbrocken, aber doch mit allerhand Material aus den Minen vollstopften, so dass sie leicht einrissen. Davis, dem das nötige Geld für eine Patentierung fehlte, tat sich mit Strauss zusammen, so dass beide am 20.Mai 1873 das entsprechende Patent (US-Patent-Nr. 139121) erhielten. Vermutlich wussten sie nicht, was sie mit dieser Innovation ins Rollen brachten. Die vernieteten Waist Overalls stießen auf eine riesige Nachfrage. Dennoch blieben sie vorerst noch Arbeitshosen für Cowboys, Farmer und Holzfäller.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg Jahren fand die Jeans durch amerikanische Soldaten ihren Weg nach Europa. 1948 wurde in Künzelsau die erste Jeans auf europäischen Boden hergestellt. 1953 fabrizierte man die ersten Jeans für Damen, der Reißverschluss wurde allerdings – wie damals allgemein für Damenhosen üblich – noch an der Seite getragen. Jugendliche entdeckten die Jeans als Ausdruck von Rebellion und Protest gegen Tradition und Bürgertum. Darin wurden sie bestärkt von Idolen wie James Dean oder Marlon Brando, die sich zur Jeans bekannten. Gleichzeitig wurde die Jeans als sexy empfunden, und zwar sowohl bei Männern, die ihre Männlichkeit und durchtrainierten Beine zur Schau stellen konnten, als auch bei Frauen, deren Po durch den hautengen Sitz in den Blickpunkt geriet. Erst seit den 1990er Jahren wird die Jeans verstärkt als eine Komponente von Unisex gesehen.

Aufgrund des enormen Umsatzes gibt es heutzutage eine Menge verschiedener Passformen und Stilrichtungen von Jeans. Der Klassiker darunter ist sicher nach wie vor die Levi´s 501 mit Nietenknöpfen, wenngleich die Kupferniete, welche ursprünglich die hinteren Hosentaschen befestigen sollte, mittlerweile längst durch strapazierfähige Nähte ersetzt wurde. Der Grund dafür ist übrigens, dass diese unglücklich situierte Niete den Cowboys beim Sitzen am Lagerfeuer Verbrennungen an besonders delikaten und empfindlichen Körperteilen verursacht haben soll. Heutzutage sitzen wir mit unseren Jeans längst nicht mehr am Lagerfeuer, sondern sie begleitet uns mit großer Selbstverständlichkeit in Beruf und Freizeit, egal ob Schulen, Büros oder gehobene Restaurants – fast kein Ort an dem sie als nicht gesellschaftsfähig gilt. Ihre Schnitte und Macharten sind dabei vielfältig. Sie reichen von den Schlagjeans, die in den 1970er Jahren verbreitet waren, über die Karotte – zehn Jahre später beliebt – bis zur heute wieder aktuellen Röhrenjeans.

Es gibt aber auch Gründe, einen kritischen Blick auf die Jeans zu werfen. So wird in den USA derzeit keine einzige Lewi´s Jeans mehr hergestellt. Etwa vierzig Prozent der Erzeugnisse werden in Süd- und Mittelamerika fabriziert, der Rest in Asien, vorwiegend in Bangladesch. Die Arbeitsbedingungen sind dabei nicht immer die Besten. Besonders das Sandstrahlen der Hosen, welches den „Used-Look“ erzeugt, verursacht bei den Arbeitern in Jeans-Fabriken Lungenschäden. Auch wird für die Herstellung einer einzigen Jeans 11 000 Liter Wasser benötigt!

Dafür, so wirbt das Markenzeichen von Levi´s, sind die Jeans unverwüstlich. Das verdeutlicht das Label, das zwei Pferde darstellt, die versuchen, eine Levi´s Jeans zu zerreißen – eine Anlehnung an Otto von Guerickes bekanntes Experiment, zwei mit einem Vakuum gefüllte Halbkugeln durch Pferdekraft zu trennen. Totzukriegen scheint die Jeans auch wirklich nicht zu sein. Obwohl bereits aus alten Goldgräbertagen zu uns herüberreichend, und mittlerweile von Enkel und Opa gleichermaßen getragen, spricht man ihr immer noch das Flair von Aufsässigkeit, Jugendlichkeit und Sportlichkeit zu. Wir gratulieren der ewig Junggebliebenen – zu ihrem 149.Geburtstag!

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