Leitender Standesbeamter der Stadt Neuburg/Donau. Seit 1.1.2002 leitender Standesbeamter.
Herr Lösch, seit wann sind Sie in dieser Position?
Im Juni 1998 wurde ich nach bestandener Prüfung bei der Akademie für Personenstandswesen und mit Beschluss des Stadtrats zum Standesbeamten ernannt. Seit 1.1.2002 bin ich leitender Standesbeamter.
Faszinierte Sie das Thema „Hochzeit“ oder wie kamen Sie auf die Idee, Standesbeamter zu werden?
Im September 1985 fing ich als Beamtenanwärter bei der Stadt Neuburg an, durchlief im Rahmen der 3-jährigen Ausbildung bestimmte Ämter in der Stadt und auch im Landratsamt, besuchte die Beamtenfachhochschule und war nach meiner Ausbildung in verschieden Ämtern tätig (Kämmerei, Bauamt, Ordnungsamt). Als mein Vorgänger Roland Egen 1998 Leiter des Ordnungsamtes wurde, musste ein Nachfolger für das Standesamt gefunden werden. Die Wahl der Personalführung fiel auf mich. Ich war einverstanden, musste dann drei Monate im Standesamt arbeiten, einen Lehrgang besuchen, Prüfung ablegen und wurde anschließend durch Stadtratsbeschluss zum Standesbeamten bestellt.
Ein Standesbeamter führt ja nicht nur Trauungen durch. Was fällt noch in Ihr Ressort?
Neben den Eheschließungen bin ich zuständig für Namensänderungen, Urkunden aller Art, Adoptionen, Ehefähigkeitszeugnisse usw. Ich bin auch Sachgebietsleiter für das gesamte Melde- und Passamt und somit auch zuständig für Wahlen.
Wenn zwei Menschen den „Bund fürs Leben“ schließen möchten, wie läuft das Ganze ab?
Das Brautpaar sagt, dass es heiraten will und wir schauen nach, ob der Wunschtermin noch frei ist, was meistens der Fall ist, denn wir führen die ganze Woche über Trauungen durch: Montag bis Donnerstag vormittags und nachmittags, Freitagvormittag und manchmal auch am Samstag. Dann informiere ich die Leute darüber, welche Papiere sie zum Heiraten benötigen. Der einfachste Fall sind zwei ledige Deutsche ohne Kinder.
Wann wird es komplizierter?
Bei Trauungen mit Auslandsbeteiligung, das ist bei rund 1/3 meiner Eheschließungen der Fall. Mit unseren Nachbarländern oder mit EU-Mitgliedsstaaten ist das weniger problematisch. Aber durch das Asylantenheim haben wir Heiratswillige aus der ganzen Welt, oft aus Ländern, in denen es Probleme gibt und da ist es natürlich auch problematisch, von dort Urkunden zu erhalten. Für diese Leute ist es oft ein langer Weg über Wochen und Monate, die notwendigen Papiere zusammen zu bekommen. Wenn sie dann alle Unterlagen haben, kommen beide persönlich zu mir, ich erfasse die Daten und eine Woche später können sie dann heiraten. Bei Auslandsbeteiligung ist es oft auch notwendig, dass das Oberlandesgericht München nochmals die Unterlagen prüft wegen der Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis.
Das heißt, von Ihnen erfährt das Paar, ob einer der Partner in einem anderen Land schon mal geheiratet hat und evtl. noch nicht geschieden ist?
Ja. Eine wesentliche Voraussetzung für die Eheschließung ist die Klärung, ob jemand überhaupt heiraten darf! Eine Scheidung im Ausland gilt nicht automatisch in Deutschland, sondern muss teilweise hier erst anerkannt werden. Man muss sich eigentlich immer mit dem jeweiligen Heimatrecht des ausländischen Heiratswilligen auseinandersetzen. Dadurch wird es auch komplizierter. Die Verlobten müssen sich aber selber darum bemühen, diese Papiere zu bekommen und in der Regel klappt das auch. Es ist halt eine Frage der Zeit.
Können Sie sich an das längste Verfahren erinnern?
Das war bei einem Mann aus Pakistan, dessen Urkunden auch noch inhaltlich überprüft werden mussten. Das lief dann so: Er brachte seine Urkunden zu mir, zahlte das notwendige Geld ein, ich schickte die Urkunden an die deutsche Botschaft in Islamabad (Pakistan). Dort beauftragte die deutsche Botschaft einen Vertrauensanwalt, der dann persönlich zu dem Geburtsort des Betroffenen fuhr und in den Büchern nachschaute, ob die Angaben auf den Urkunden stimmen. Das Ganze nennt man „inhaltliche Überprüfung der Richtigkeit der Urkunde“, nimmt viel Zeit in Anspruch und kostet auch Geld, weil ja auch der Anwalt und seine Reisekosten von den Verlobten bezahlt werden muss. Der höchste Betrag bisher belief sich trotzdem auf „nur“ 300 – 400 Euro, denn die Stundensätze in diesen Ländern sind sehr niedrig. Dazu kommen noch andere Gebühren, aber es geht nicht in die Tausende……. wobei man hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass bei den dortigen Beamten nur etwas funktioniert, wenn entsprechend „Backschisch“ fließt, man also mit Geld nachhilft. Welche Summen da im Spiel sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
Was war Ihre ungewöhnlichste Trauung?
Ein Paar, das in Motorradkleidung und mit Helm unter dem Arm ins Trauungszimmer kam. Das war schon eine kuriose Geschichte. Oder ein Studentenpaar in Jeans und Turnschuhen, das wirklich nur mal schnell zur Trauung ins Standesamt fuhr und anschließend gleich wieder in die Uni. Es gab auch sehr schöne Eheschließungen wie z.B. Hochzeiten im Kongregationssaal, ganz nobel und stilvoll mit klassischer Musik oder mit Gospelchor untermalt, vor 150 Leuten. Das waren auch für mich sehr erhebende Momente.
Erinnern Sie sich an eine größere Hochzeit?
Das waren Trauungen im Kongregationssaal und auch im Rittersaal im Neuburger Schloss. Da sind in der Regel immer viele Gäste mit dabei.
Sind Sie nervös, wenn Sie vor so vielen Leuten eine Trauung durchführen sollen?
Eigentlich müsste ich vor Lampenfieber gefeit sein, denn im Oktober 2006 habe ich bereits meine 1.000ste Trauung vollzogen. Aber ich gestehe, ein bisschen Aufregung ist immer mit dabei, auch weil jede Trauung immer wieder anders ist. Man weiß ja nicht, wer kommt und wie die Stimmung ist. Für viele Brautleute ist es das erste und einzige Mal, dass sie heiraten. Darum will ich nie den Eindruck vermitteln, dass es für mich Routine sei. Ich möchte stets den besonderen Charakter dieser Zeremonie hervorheben. Dafür habe ich auch schon ein großes Lob bekommen und zwar von den Brautleuten meiner 834. Trauung. Sie bedankten sich per Brief mit Bild und schrieben: „Sie haben besondere Worte für uns gefunden und das Ganze war sichtlich keine Routine!“ Ein größeres Kompliment hätten sie mir gar nicht machen können.
Sie kennen sicherlich den Film „Eine Braut, die sich nicht traut“. Hatten Sie schon mal den Fall, dass jemand einen Rückzieher gemacht hat?
Ich habe noch nie ein „Nein“ vor dem Standesamt erlebt, auch mein Vorgänger nicht. Aber einmal hatte einer 1 – 2 Tage vorher angerufen und die Trauung abgesagt mit der Begründung: „Ich hab mir ein Bein gebrochen!“ Anscheinend waren sich die beiden nicht mehr so sicher, ob sie zu einander passen, denn sie haben sich nie mehr zur Trauung angemeldet.
Thema „Scheinehen“. Sie werden zum Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung geschlossen. Ist das in Neuburg auch schon vorgekommen?
Scheinehen – also wenn beide Partner keine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingehen wollen – sind verboten. Wenn ich das Gefühl habe, es geht bei der Eheschließung nur um eine Aufenthaltsgenehmigung, bin ich verpflichtet, Fragen zu stellen, um dies herauszubekommen. Manchmal – aber sehr selten – habe ich schon den Eindruck, dass es zumindest von einem der Partner nicht so ganz ehrlich gemeint ist. Dann muss ich den anderen Partner auf meine Vermutung ansprechen. Nur ist es dann oft so, dass der andere Partner tiefe Gefühle hegt und total überzeugt ist. Dann sind mir wiederum die Hände gebunden und ich muss die Trauung durchführen.
Immer wieder liest man, dass Heiraten nicht mehr „in“ sei. Können Sie das bestätigen?
Nein. Die Zahlen für die Voranmeldungen in Neuburg sind relativ konstant: Wir haben in der Regel 170 – 180 Trauungen im Jahr. Im Jahr 2005 war ein Einbruch mit rund 145 Trauungen, aber 2006 hatten wir schon wieder eine Steigerung auf über 160 Trauungen. Was wir spüren, sind die geburtenschwachen Jahrgänge. Aber an der Institution „Ehe“ wird nicht gerüttelt.
Was raten Sie jungen Leuten für ihre gemeinsame Zukunft?
In meinen Trauungsansprachen gebe ich den Brautleuten Tipps und Hilfestellungen für eine lange, glückliche Ehe. Besonders wichtig sind gegenseitige Achtung, gegenseitiges Vertrauen und dass sie auch bei Problemen immer offen miteinander reden.
Was wünschen Sie unseren Lesern?
Vor allem Gesundheit und dass es die „brennessel“ noch lange gibt. Ich bin ein ziemlich großer Fan Ihres Magazins, weil ich es sehr informativ finde. Was drin steht, ist auch ein bisschen kritisch, das gefällt mir. Sehr informativ ist diese „Köpfe“-Serie, in der unterschiedliche Leute interviewt werden. Aber auch den Veranstaltungskalender studiere ich sehr genau!