Schlösserverwaltung Nymphenburg, startet Projekt „Wirksam. Frauennetzwerke der Hohenzollern im Spätmittelalter“München – Fürstinnen und Prinzessinnen werden gemeinhin mit einem scheinbar eindeutig definierten Rollenbild assoziiert. Eine genauere Betrachtung jedoch offenbart, dass ihre historischen Rollen, Handlungsspielräume und Grenzen weitaus facettenreicher und dynamischer waren, als oft angenommen. Das von der Bayerischen Schlösserverwaltung initiierte umfangreiche Ausstellungs- und Forschungsprojekt „WIRKSAM. Frauennetzwerke der Hohenzollern im Spätmittelalter“ hinterfragt gängige Annahmen und eröffnet zugleich innovative Perspektiven auf die Bedeutung und Wirksamkeit weiblicher Netzwerke in der spätmittelalterlichen Gesellschaft.
Von der fränkischen Cadolzburg aus ist ein Netzwerk zu entdecken, in dem Frauen des 15. Jahrhunderts die Hauptrolle spielen. Am Stammsitz der Zollern in Franken bildet eine Sonderausstellung zur ersten Kurfürstin des Hauses im Sommer den Auftakt: „Eine Frau an der Macht. Elisabeth von Bayern (1383–1442)“.
Ausstellungen an weiteren authentischen Schauplätzen laden zwischen 2025 und 2026 in Deutschland und darüber hinaus zu einer faszinierenden Reise in die Geschichte ein. Über einen Zeitraum von 14 Monaten hinweg werden mit musealen Mitteln und einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm an insgesamt zehn Orten ausgewählte Protagonistinnen vorgestellt, die dort lebten und wirkten. Mit welchen Motiven und Handlungsspielräumen agierten die Frauen der Zollern auf der politischen Landkarte, auf kultureller und sozialer Ebene im 15. Jahrhundert? Warum sind ihre – oft unbekannten – Geschichten bis heute relevant?
Das Projekt
„WIRKSAM“ beleuchtet ausgewählte Frauen dieser Dynastie in musealen Präsentationen, Veranstaltungen und Publikationen. Es lässt temperamentvolle, kluge, selbstbewusste und gegen Rollenzuweisungen rebellierende Frauengestalten aus vier Generationen lebendig werden. Fragestellungen aus längst vergangenen Zeiten zu Loyalitäten und Freiheiten erweisen sich als überraschend aktuell. Das Bild hochadliger Frauen, das sie auf Handarbeit, Nachwuchs, Aussehen,
Gehorsamkeit und Frömmigkeit reduzierte, zeigt sich als überholt. „WIRKSAM“ erzählt ihre Geschichten und Beziehungen – bereichert durch autobiographische Äußerungen – anders und vielfältiger. Die Fürstinnen nutzten ihre Netzwerke weniger für persönliche Interessen, sondern zum Wohl und Ausbau der Herrschaft ihrer Familien auf sehr verschiedenen Ebenen.
Teilnehmende Projektpartner sind: Bayerische Schlösserverwaltung (Cadolzburg, Burg Burghausen, Schloss Neuburg an der Donau, Burg Trausnitz in Landshut); Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde und Stadt Heilsbronn; Museum Bayerisches Vogtland – Stadt Hof; Staatliche Schlösser Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (Albrechtsburg Meißen); Stadtmuseum Nürtingen; Stiftung Humboldt Forum
Berliner Schloss; Palazzo Ducale Mantua. Das Projekt wird gefördert durch die Bayerische Sparkassenstiftung.
Die Ausstellungen des Projekts „Wirksam“ in Sehenswürdigkeiten der Bayerischen Schlösserverwaltung
Der Cadolzburger Projektauftakt der Bayerischen Schlösserverwaltung widmet sich mit Elisabeth von Bayern einer Frau, die aktiven Einfluss auf die Machtverhältnisse und Karriere der Hohenzollern hatte als klug agierende und selbständige Fürstin und höchst respektierte Stammmutter der Dynastie. (31.7.–19.10.2025)
In der Burg zu Burghausen verbrachte Elisabeth teilweise ihre Kindheit. Hier werden die Lebensräume und die Architektur, in der sich Fürstinnen und Prinzessinnen des 15. Jahrhunderts aufhielten, anschaulich und in einer kleinen Studioausstellung präsentiert. (17.9.–14.12.2025)
In Schloss Neuburg an der Donau geht es um nicht standesgemäße Ehe-Versuche nachfolgender Töchter des Hauses: Elisabeths Tochter Margarethe verfolgte eigene Ziele, indem sie ihren inhaftierten Schwiegervater gewinnbringend „weiterreichte“ und später ihren Hofmeister eigenmächtig unter Stand heiratete. Mit dieser eigenwilligen Ehe gelang ihr etwas, was ihren Zeitgenossinnen unter teils brutalen Bedingungen verwehrt blieb. In der Ausstellung verknüpfen sich damit auch aktuelle Fragen nach
weiblichen Rollenbildern und Schönheitsidealen. (6.12.2025–1.3.2026) Die Reihe der Sonderausstellungen schließt mit einer Präsentation zu fürstlichen Hochzeiten auf der Burg Trausnitz in Landshut, die einst Schauplatz der berühmten Landshuter Hochzeit war. Frauen nahmen hier nicht nur zentrale Rollen in der Repräsentation ein, sondern nutzten ihre Netzwerke, um neue Verbindungen
anzubahnen. Anhand zahlreicher Fürstenhochzeiten des 15. Jahrhunderts werden langjährige Eheplanungen und die Ausstattung der Bräute ebenso vorgestellt wie die prächtigen Feste und die Rolle der Zollerndamen dabei. (1.5.–2.8.2026) Weitere Themen und Ausstellungen.
Am eindrucksvollen Hochgrab von Anna von Sachsen (1437–1512) im Münster Heilsbronn werden neben ihrem von besonderer Fürsorge für die ganze Familie geprägten Leben auch die „Memoria“, die Erinnerungskultur um Verstorbene behandelt. (27.9.–23.11.2025)
Die in Berlin geborene Prinzessin Anna (1437–1514) trug nicht nur durch ihre Ehe die Netzwerke in den Norden, sondern sie wird – ausgehend von ihrer eindrucksvollen Darstellung auf ihrem Grabmal – den Auftakt für weibliche Ergänzungen der rein männlichen Ahnenreihe im Humboldtforum bilden. (Oktober 2025 bis Sommer 2026)
Aus Zwang, nicht aus freier Entscheidung, schlug Margarethe von Brandenburg (1453–1508) den geistlichen Weg ein. Ihr gelang es jedoch, als Äbtissin im Klarissenkloster in Hof zahlreiche Annehmlichkeiten für ihr Leben zu erwirken. (Herbst 2025 bis Frühjahr 2026)
Elisabeth von Brandenburg (1451–1524) litt viele Jahre in einer unglücklichen Ehe. Als Witwe blühte sie jedoch im Nürtinger Stadtschloss auf und wirkte aktiv im Familiennetzwerk bei der Care-Arbeit für Verwandte mit. (25.5.–21.09.2025)
In der Albrechtsburg in Meißen werden in mehreren kleinen Einheiten Schlaglichter auf Kurfürstinnen und Prinzessinnen in Sachsen geworfen, die vieles mit den Zollern verband. Insbesondere die Gemahlin des zweiten brandenburgischen Kurfürsten. – Florian Schröter und Franziska Wimberger, Schloss Nymphenburg