Do. Mrz 28th, 2024

Emotionen im Jahr 2006
Das hat uns im vergangenen Jahr…

… erschüttert

Unglück in Bad Reichenhall: Die enormen Schneefälle der vergangenen Tage lasteten auf dem Dach der Eissporthalle in Bad Reichenhall. Niemand bemerkte, dass sich eine Katastrophe anbahnte. Beim Einsturz starben 15 Menschen, weitere 34 wurden zum Teil schwer verletzt. Tagelang versuchten die Retter unermüdlich, Überlebende aus den Trümmern zu bergen. Laut einem Gutachten vom Juli war jedoch nicht die Schneelast die Ursache für die Katastrophe, sondern eine Verkettung vieler baulicher Mängel und Konstruktionsfehler.

Fall Stephanie: Die Schülerin wurde im Januar von dem vorbestraften Sex-Täter Mario M. auf dem Schulweg verschleppt. Der Arbeitslose hielt das Kind gefangen, vergewaltigte, misshandelte und quälte es. Dass Stephanie überlebte, war Glück. Sie hatte es geschafft, Zettel mit Hilferufen auf die Straße zu werfen, die ein Passant fand. Die Polizei stürmte die Wohnung, verhaftete den Täter und befreite das Mädchen. Ihr Peiniger wurde im Dezember zur Höchststrafe von 15 Jahren und anschließender lebenslänglicher Sicherungsverwahrung verurteilt. Dagegen hat er Revision eingelegt.

Test wurde zum Alptraum: „TGN1412“ steht seit März für eines der folgenschwersten Unglücke bei der Erprobung eines neuen Medikaments. Von dem neuen Mittel erhoffte sich die Würzburger Herstellerfirma Te-Genero einen Durchbruch im Kampf gegen schwere Krankheiten wie Multiple Sklerose, Rheuma oder bestimmte Krebsformen. Nachdem Tests mit Zellkulturen und Tierversuche keine Probleme zu Tage brachten, wurde es im Northwick Park Hospital in London an acht gesunden Freiwilligen getestet. Kurz danach klagten diese über unerträgliches Fieber, ihr Blut klumpte, die Köpfe schwollen auf das Dreifache an, sie kippten um und mussten wegen weiterer lebensbedrohlicher Reaktionen auf die Intensivstation. Als Folge des fehlgeschlagenen Tests musste Te-Genero im Juli Insolvenz anmelden.

Mutter quälte Kind: Eine Frau aus Mecklenburg-Vorpommern hat ihre kleine Tochter jahrelang gezwungen, Kalkreiniger und Essigessenz in steigender Dosierung zu trinken. Außerdem hat sie die heute fünf Jahre alte Lea-Marie mit kochendem Wasser übergossen, um 1.000 Euro von der Unfallversicherung zu erschwindeln, gestand die 27-Jährige vor Gericht. Immer wenn es ihr zu anstrengend mit ihrer Tochter wurde, griff sie zu den Flaschen mit Essig oder Reiniger. Dabei habe sie aber nie an die 150.000 Euro gedacht, die Lea-Maries Unfallversicherung im Fall einer dauerhaften Invalidität gezahlt hätte, beteuerte sie. Lea-Marie ist durch die Misshandlungen dauerhaft schwer geschädigt und lebt nun bei einer Pflegemutter.

… überrascht

Schneechaos: Ungewöhnlich starke Schneefälle (bis zu 1 m an einem Tag!) verursachten innerhalb weniger Februartage ein Winterchaos in Ostbayern. Es entstanden Schäden von rund 70 Mio Euro. Mehr als 3.000 Soldaten und freiwillige Helfer waren zwei Wochen lang bis in die Nacht hinein im Krisengebiet im Einsatz, um die Dächer öffentlicher Gebäude von den Schneemassen zu befreien. Firmen mussten ihre Produktion einstellen, Hallen waren akut einsturzgefährdet. Bei den Räumarbeiten starben 5 Menschen durch Abstürze vom Dach, mehr als 50 wurden verletzt.

… bewegt

Natascha’s Martyrium: Im Alter von 10 Jahren wurde Natascha Kampusch auf dem Schulweg entführt und acht Jahre lang in einem 2 x 3 m großen, schallisolierten Verlies unter einer Garage in Wien gefangen gehalten. 8 Jahre ohne Eltern, Freunde, Schule, Vergnügungen, Sport. Als sie im September ihrem Kidnapper entkommen konnte, beging er wenige Stunden später auf der Flucht vor der Polizei Selbstmord. Ihr Fernsehinterview, in dem sie zwei Wochen später ihren erschütternden Leidensweg schilderte, fand weltweit Beachtung. Dass sie dafür 1 Mio Euro zur Sicherung ihrer Zukunft bekam, wird ihr von einigen Neidern vorgehalten.

Fall Kevin: In Bremen wird ein totes 2-jähriges Kind im Kühlschrank entdeckt. Der „Fall Kevin“ macht bundesweit Schlagzeilen, weil die Sozialbehörden von der Gewalttätigkeit des drogensüchtigen Vaters informiert waren und trotz mehrerer Warnungen untätig blieben.

Fall Leon: Für den knapp 10 Monate alten Jungen in Sömmerda (Thüringen) kam jede Hilfe zu spät. Er war in seinem Bettchen verdurstet. Seine zwei Jahre alte Schwester Lea konnte gerettet werden. Die 20-jährige arbeitslose Mutter hatte Leon und Lea tagelang unversorgt in der dunklen und seit einem Monat stromlosen Wohnung zurückgelassen.

Schumi’s Abschied: 16 Jahre lang fuhr Michael Schumacher in der Königsklasse: Sieben WM-Titel, 91 Grand-Prix-Siege, 68 Pole-Position, 73 schnellste Rennrunden, 13 Saisonsiege und so weiter – seine Rekordliste ist lang. Kein Rennfahrer in der 57-jährigen Grand-Prix-Geschichte kommt an den schnellsten deutschen Autofahrer aller Zeiten heran. Nach seinem 250. Formel 1-Rennen in Sao Paulo im Oktober trat er ab. Um die finanzielle Lage des „Frührentners“ muss man sich keine Sorgen machen: Bei rund 35 Mio Euro Jahresgage und etwa ebenso vielen Werbemillionen dürfte der 37-Jährige ausgesorgt haben. Es sei ihm vergönnt, aber die Formel 1 wird ohne ihn langweiliger werden.

… begeistert

Fußball-WM in Deutschland: Es war eine wunderschöne Sommerparty mit vielen angenehmen Erinnerungen, mit starken Bildern und Geschichten, mit großen Gefühlen. Endlich konnte das fremd gewordene „Wir“-Gefühl beim Anfeuern der deutschen Mannschaft, ob im Stadion, auf den Fanmeilen oder daheim mit Freunden, ausgiebig gelebt und gefeiert werden. Mit 4:2 gegen Costa Rica, 1:0 gegen Polen und 3:0 gegen Ecuador spielte sich das Klinsmann-Team ins Achtelfinale. Nach dem 2:0 gegen Schweden rückte der Weltmeister-Traum immer näher, erst recht nach dem 5:3-Sieg im Viertelfinale gegen Argentinien. Doch der spätere Weltmeister Italien war im Halbfinale einfach stärker (2:0). Trotzdem oder erst recht wurden unsere Jungs nach dem Sieg im „kleinen Finale“ um Platz 3 (3:1 gegen Portugal) als „Weltmeister der Herzen“ stürmisch gefeiert und bejubelt.

… beschäftigt

Vogelgrippe in Deutschland: Nach der Türkei, Italien, Griechenland und Österreich erreichte die Vogelgrippe auch Deutschland. Zunächst auf der Insel Rügen und dann auch in anderen Bundesländern wurde an Hunderten toten Vögeln das gefährliche H5N1-Virus nachgewiesen. Ab 17. Februar wird deshalb die Stallpflicht für das Federvieh wieder eingeführt. Als das Virus erstmals in Deutschland auch bei Nutzgeflügel nachgewiesen wird, müssen aus Sicherheitsgründen etwa 30.000 Tiere eines landwirtschaftlichen Betriebs bei Leipzig getötet werden.

Sterbehilfe: Ostern 2005 war es der langsame Tod der amerikanischen Koma-Patienten Terri Schiavo, der weltweit eine Debatte über Sterbehilfe auslöste. Jetzt wird europaweit der Fall Welby diskutiert. Der seit Jahren todkranke, gelähmte Mann, konnte nur noch mit der Bewegung seiner Augen mit seiner Umwelt kommunizieren und kämpfte seit September auch gerichtlich um sein Recht auf Tod, was ihm jedoch verweigert wurde. Ein Arzt stellte nun auf Welbys Wunsch das Beatmungsgerät ab; daraufhin wurden juristische Schritte gegen den Arzt eingeleitet. Bundesweit Schlagzeilen machte das erbitterte Tauziehen um passive Sterbehilfe für eine geistig behinderte, blinde und taubstumme 74 Jahre alte Frau aus Neuötting, die seit 50 Jahren im Heim lebt. Ihr Bruder hatte im Einvernehmen mit dem Hausarzt der Frau und dem Heim-Pflegepersonal die künstliche Ernährung einstellen lassen, der Richter vom Vormundschaftsgericht jedoch wieder angeordnet. „Sterbeverlängerung statt Lebensverlängerung“, meinte ein auf Medizinrecht spezialisierter Anwalt. Er konnte gerichtlich durchsetzen, dass die Ernährung wieder eingestellt wird. Die Frau durfte nun sterben. Wichtig: Auch wenn sich niemand Gedanken um Krankheit und Tod machen will, sollte jeder rechtzeitig seine Vorstellungen darüber in einer Patientenverfügung festlegen!

Rütli-Hauptschule: Mit einem dramatischen Hilferuf appellierten die Lehrer der Berliner Rütli-Hauptschule an den Senat, das eskalierende Gewaltproblem zu lösen. Der Bildungssenator gewährte daraufhin den Lehrern Polizeischutz. In Deutschland begann eine Debatte über Gewalt an Schulen und deren Ursachen.

Gesundheitsreform: Mit der lange umstrittenen Reform und einem mühsam erkämpften Kompromiss wollen Union und SPD die Finanzierung des Gesundheitswesens neu regeln und mehr Wettbewerb ermöglichen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ist davon überzeugt, dass die Reform den Menschen nutzen wird, weil dadurch das Gesundheitssystem bezahlbar bleiben soll. Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser usw. zeigen sich nicht gerade begeistert. J.D. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer befürchtet eine „Staatsmedizin mit Einheitsversicherung“ und das Ende der flächendeckenden Versorgung der Patienten. Wir werden sehen.

Armut in Deutschland: Laut Statistik waren im Jahr 2004 10,6 Mio Menschen (13 %) der Bürger von Armut bedroht oder arm. Als „mittleres Einkommen“ gilt eine Summe von 1.427 Euro. Wer 60 % davon zur Verfügung hat (856 Euro) ist armutsgefährdet (bei Familien mit 2 Kindern unter 14 J. weniger als 1798 Euro). Als arm bezeichnet werden Menschen, die weniger als 40 % des mittleren Einkommens haben (570 Euro). Das sind in Deutschland etwa 4 % der Bevölkerung. Besonders betroffen sind vor allem junge Menschen, Alleinerziehende, Arbeitslose und Menschen ohne Schulabschluss.

Blackout in Westeuropa: Ein Spannungsabfall, vermutlich verursacht durch eine Überlastung im nordwestdeutschen Stromnetz, hat Anfang November in Westeuropa die Lichter ausgehen lassen. 10 Mio Menschen saßen bis zu einer Stunde im Dunkeln. Da wurde so manchem erst bewusst, wie abhängig wir voneinander sind und auch vom Strom!

Wetter 2006: Der Winter dauerte ungewöhnlich lange. Noch Ende März lag in unseren Regionen Schnee. Für die einen war es ein Wintermärchen, für die anderen ein Alptraum, vor allem wenn die weiße Pracht in riesigen Massen vom Himmel kam. Im Frühjahr gab es fast in ganz Deutschland heftige Stürme und auch Überschwemmungen. Mitte Juni kam endlich der lang ersehnte Sommer mit Temperaturen über 30 ° C. Dafür war es im Urlaubsmonat August wieder zu kalt und regnerisch. Der Herbst 2006 schlug dann alle Temperaturrekorde. Er war der wärmste seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen im Jahre1910. Die höchste Herbsttemperatur mit 31,4° C wurde am 12. Sept. 2006 am Niederrhein gemessen. Aber auch Ende Oktober und sogar Ende November gab es noch sommerliche Werte – 28,6°C am 26. Oktober am Oberrhein und 22,1°C am 25. Nov. in Müllheim. Zum Vergleich: 2005 brachen genau um diese Zeit im Münsterland Strommasten unter der Schneelast zusammen; 250.000 Menschen waren deswegen tagelang ohne Strom und Heizung!

… entsetzt

Terrorattentate auf mind. 9 Flugzeuge vereitelt: Britische Sicherheitskräfte haben mit einem Großeinsatz in letzter Minute eine Attentatswelle auf Transatlantik-Flüge verhindert. Innenminister J. Reid sprach von der „schwersten Bedrohung des Landes seit dem Zweiten Weltkrieg“. Eine Gruppe von bis zu 50 radikalen Islamisten wollte offenbar mit Flüssigsprengstoff die Flugzeuge in der Luft sprengen. Seit Monaten war die Polizei den Terroristen auf der Spur. Der stellvertr. Polizeichef sprach von einem geplanten „Massenmord in einem unvorstellbaren Ausmaß“. Die Angst vor neuen Terroranschlägen löste ein Chaos im internationalen Luftverkehr aus. Zehntausende saßen auf Flugplätzen fest. Weltweit, vor allem in den USA und Großbritannien, wurden die Sicherheitsmaßnahmen drastisch verschärft.

Model zu Tode gehungert: Das international erfolgreiche Fotomodell Ana Carolina Reston ist 21-jährig an den Folgen einer Magersucht gestorben. Bei einer Größe von 174 cm hatte sie nur noch 40 kg gewogen. Seitdem achten viele Veranstalter von Modeschauen darauf, dass ihre Models laut BMI-Index nicht magersüchtig sind. Ein wichtiger Trend, denn bisher waren die Hungerhaken-Models Vorbild für viele Jugendliche.

Erdbeben in Java: Etwa 6.000 Menschen sterben bei einem Erdbeben der Stärke 6,2 auf der indonesischen Insel Java. Hunderttausende werden obdachlos.

„Todespfleger“: Ein Krankenpfleger aus Sonthofen hatte 28 seiner älteren Patienten mit Injektionen zuerst betäubt und dann getötet. Eine große Rolle spielte im Prozess um die größte Tötungsserie im Nachkriegsdeutschland die Frage, ob der Pfleger aus nachvollziehbarem Mitleid gehandelt habe. Das Gericht stellte jedoch die besondere Schwere der Schuld fest und verhängte eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Terror auch in Deutschland: In Zügen nach Hamm und Mönchengladbach wurden zwei Koffer mit Bomben gefunden, die nur aufgrund handwerklicher Fehler nicht explodierten. Glück gehabt! Die mutmaßlichen islamischen Terroristen wurden gefasst.

Transrapid-Unglück: 23 Menschen starben und zehn wurden verletzt, als auf der Teststrecke im Emsland ein Transrapid mit 170 km/h in einen Werkstattwagen fuhr. Als Ursache wird menschliches Versagen oder eine Sicherheitslücke im System vermutet. Adieu Exportschlager-Träume!

Schiffskatastrophe im Roten Meer: 1027 Menschen ertranken bei einem Schiffsunglück im Roten Meer. Eine mit fast 1500 Menschen besetzte ägyptische Fähre sank auf dem Weg von Saudi Arabien nach Ägypten. Die Passagiere wurden vom Unglück im Schlaf überrascht. Die Fähre ging offenbar sehr schnell unter. Es waren auch nicht genügend Rettungsboote auf dem Schiff.

Nordkorea droht mit Atomrakete: Nach einem Atomwaffentest in Nordkorea ist der internationale Druck auf das abgeschottete Regime in Pjöngjang erhöht worden. Nordkorea reagierte scharf und drohte seinerseits indirekt mit dem Abschuss einer atomar bestückten Rakete.

Amoklauf an Schule: 37 Menschen sind bei einem Amoklauf eines 18-jährigen Ex-Schülers in einer Realschule in Emsdetten (Münsterland) verletzt worden. Nach der blutigen Racheaktion, die er zuvor im Internet angekündigt hatte, tötete sich der Schütze selbst. Der junge Mann hatte insgesamt 13 Rohrbomben und vier Gewehre bei sich. Die Wahnsinnstat erinnert an den Amoklauf des 19-jährigen R. Steinhäuser, der 2002 in seiner Erfurter Schule 16 Menschen erschoss, bevor er sich selbst die Kugel gab. Auch B. war ein krasser Außenseiter, Waffennarr und Fan brutaler PC-Killerspiele. Ein Verbot dieser Spiele wurde deshalb erneut diskutiert.

Rabeneltern:. Immer wieder sorgen Fälle von Kindstötungen in den Medien für Schlagzeilen. Nach Einschätzung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter sind in Deutschland im vergangenen Jahr mehr Kinder durch elterliche Gewalt ums Leben gekommen als bislang angenommen. Die Auswertung der Kriminalstatistik für 2005 hat ergeben, dass 178 Kinder an den Folgen von Misshandlungen und Verwahrlosung durch die Eltern gestorben sind. Was ist los mit Deutschlands Eltern? Wo liegen die Gründe dafür? Egoismus? Überforderung? Gleichgültigkeit oder gar Kaltblütigkeit gegenüber dem eigenen Nachwuchs? Die Bundesregierung zieht nun Konsequenzen daraus und will die Gesetze verschärfen. Die Familiengerichte sollen sich früher einschalten; die Eltern zu Erziehungsgesprächen verpflichtet werden usw. Im Grunde müsste solchen Rabeneltern sofort das Sorgerecht entzogen werden! Gleichzeitig sollte das deutsche Adoptivrecht vereinfacht werden. Denn viele kinderlose Paare würden gerne einem Kind ihre ganze Liebe und Aufmerksamkeit schenken, sind aber mit 40, 50 Jahren angeblich schon zu alt für Kindeserziehung. Da fragt man sich schon: Was ist besser für ein Kind: Verwahrlosung und Tod im eigenen Elternhaus oder eine liebevolle Atmosphäre bei älteren Adoptiv- oder Pflegeeltern?

… amüsiert

Peinliches Comeback: Axel Schulz bot bei seinem groß inszenierten Comeback eine schwache Leistung. Gnadenlos bekam er von seinem Gegner die Hucke voll gehauen, so dass er in der 6. Runde aufgeben musste. Was für eine Blamage! Aber die wurde mit 1,5 Mio. Euro Gage versüßt. Was tut man nicht alles für das liebe Geld?

… geärgert

Gammelfleisch: Schon 2005 waren die Ekelfleisch-Skandale Thema unseres Jahresrückblicks. Aufgeschreckte Politiker hatten damals versprochen, die Fleischkontrollen zu verbessern. Was ist passiert? Anscheinend nichts! Denn auch 2006 wurde wieder tonnenweise Gammelfleisch im gesamten Bundesgebiet entdeckt. So geht es wahrscheinlich auch 2007 weiter. Mit Schuld sind zum Teil auch die Verbraucher, die immer nur auf den Preis achten und nicht auf Qualität. Hauptsache billig oder? Übrigens: Der hauptbeschuldigte Großhändler beging Selbstmord.

Rente mit 67: Die Bundesregierung beschloss die Einführung der Rente mit 67 Jahren im Jahr 2029. Das Renteneintrittsalter soll von 2012 an jeweils in Monatsschritten nach hinten verschoben werden. Ärgerlich aber notwendig, denn es gibt immer weniger junge Leute und immer mehr Rentner. Außerdem steigt die Lebenserwartung ständig, so dass sich die Rentenbezugszeiten auch immer verlängern.

MWSt-Erhöhung: Die Regierung beschließt die Erhöhung der MWSt von 16 % auf 19 % zum 1.1. 2007. Wenn es an den eigenen Geldbeutel geht, ist das immer ärgerlich.

Doping: Mehrere Favoriten auf den Sieg bei der Tour de France wurden wegen Dopingverdachts vom Rennen ausgeschlossen, unter ihnen Jan Ullrich, Ivan Basso und weitere 18 Fahrer!! Vielleicht sollte man zukünftig nur die Dopingmittel gegeneinander antreten lassen und das Radfahren ganz bleiben lassen?

… gefreut

Größte Spende aller Zeiten: Einen Großteil seines Vermögens, insgesamt sagenhafte 32 Milliarden Dollar spendete Warren Buffett (75) – nach Bill Gates zweitreichster Mann der Welt – der weltweit aktiven Bill & Melinda Gates Foundation, die im vergangenen Jahr 1,1 Mrd für humanitäre Projekte in der Dritten Welt ausgab. Die Wohltätigkeitsorganisation verfügt damit über 60 Mrd Dollar und kann noch viel Gutes damit tun. Buffett hatte sich mit viel Glück und Börsenverstand vom armen Kleinanleger zum Großkapitalisten hochgearbeitet.

WM war gutes Geschäft: Ein Blick in den Abschlussbericht der Bundesregierung zeigt: Sport, Staat und Wirtschaft haben von der WM profitiert. 135 Mio Euro Gewinn erwirtschaftete allein das Organisationskomitee, 57,3 Mio davon wurden an Steuern und Sozialabgaben gezahlt. Rechnet man die MWSt aus dem Ticketverkauf hinzu, so nahm der Staat insgesamt 90 Mio Euro ein. Außerdem überwies das Organisationskomitee 300.000 Euro an alle beteiligten WM-Städte, jeden Stadionbetreiber 1,5 Mio., sowie insgesamt 33 Mio Euro an Stadionmieten. Gastgewerbe: Umsatzsteigerung während der WM um 300 Mio., Einzelhandel: 2 Mrd zusätzliche Einnahmen. Bundesagentur für Arbeit: 50.000 neue Arbeitsplätze. Bahn: 15 Mio Reisende zusätzlich. Überdurchschnittlich profitiert haben auch private Sicherheitsdienste, Catering-Firmen und die Werbewirtschaft. Gut 55 Mio gehen je zur Hälfte an die Deutsche Fußball-Liga und den DFB, dessen Landesverbände insgesamt 20 Mio bekommen werden. Bezuschusst werden auch andere Sportarten, eine Schulfußball-Initiative und Integrationsprojekte. Eine feine Sache, so eine Weltmeisterschaft!

… gefreut

Papst Benedikt auf Reisen: Bei seinem Heimatbesuch in Bayern wird Papst Benedikt XVI. begeistert gefeiert. Als er jedoch bei einer Vorlesung in der Uni Regensburg den byzantischen Kaiser Manuell II. zitiert („Der Prophet Mohammed hat nur Schlechtes und Inhumanes gebracht“), löst er damit in der bereits durch den Karrikaturen-Streit aufgebrachten islamischen Welt massive Proteste aus. Erst als er während seines Türkei-Besuchs Ende November mit dem obersten islamischen Religionsführer in der Blauen Moschee gemeinsam betet, gewinnt er viele Sympathien. Jetzt will die Türkei sogar mit dem Papst-Besuch werben, um mehr Touristen ins Land zu locken.

Berlin ist abgeblitzt: „Arm aber sexy“, so schildert Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit gern die subventionsverwöhnte Bundeshauptstadt, die auf einem Schuldenberg von mehr als 60 Mrd sitzt. Vor 16 Jahren waren es noch 6,4 Mrd. Die Klage des Landes Berlin auf finanzielle Hilfe des Bundes wegen einer Haushaltsnotlage wurde jedoch vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Sparen ist nun angesagt – so wie in anderen Bundesländern auch.

Aufschwung am Arbeitsmarkt: Angesichts der neuesten Arbeitsmarktdaten geriet Bundesarbeitminister Müntefering in Euphorie. Im November, dem Monat in dem die Arbeitslosenzahlen normalerweise immer steigen, sank sie überraschend auf 9,6 Prozent = 3.995.000. Zum Vergleich: Die 5,2 Mio Erwerbslose im März 2005 waren Nachkriegsrekord! Ende 2005 kam der Regierungswechsel. Danach ging es ständig aufwärts mit der Konjunktur und abwärts mit den Arbeitslosenzahlen. Auch die Weltmeisterschaft schuf Jobs. Im kommenden Jahr erwarten die Volkswirte trotz MWSt-Erhöhung weiter sinkende Arbeitslosenzahlen, denn alle Indikatoren entwickeln sich positiv: So ist z.B. die Zahl der schwer vermittelbaren jungen Jobsuchenden binnen 12 Monaten um 100.000 zurückgegangen; die Arbeitsagenturen gelingt es inzwischen Hartz-IV-Empfänger in Jobs zu bringen; es entstehen immer mehr Arbeitsplätze.

Deutsche Doppelspitze bei EU: Am 1. Januar wird Bundeskanzlerin Angela Merkel Ratsvorsitzende von EU und G8. Sechs Monate lang wird sie für Europa sprechen, ihre Minister die jeweiligen Sitzungen in Brüssel und in Deutschland leiten und bei jedem Streit einen Kompromiss finden müssen. Das wird nicht ganz einfach werden, weil Deutschland beim Europäischen Gerichtshof mehrfach auf der Anklagebank sitzt und Merkel als EU-Vorsitzende keine deutschen Interessen vertreten darf, sondern für alle sprechen muss. Der zweite Deutsche an der EU-Spitze ist Hans-Gert Pöttering, der im Januar zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt wird. Er ist seit 1979 im Europäischen Parlament, zu einer Zeit als Angela Merkel noch hinter dem „Eisernem Vorhang“ in der DDR lebte. Deutlicher kann man die friedensstiftende Wirkung Europas wohl nicht machen.

… empört

Braunbär Bruno: Fünf Wochen lang streunte er durch Bayern, riss Schafe und Haustiere auch in Wohngegenden. Die einen wollten den „Problembären“ deshalb aus dem Verkehr ziehen, die anderen hielten ihn für einen ungefährlichen Kuschelbären. Wochenlang waren alle Versuche, ihn lebendig zu fangen, mittels US-Spezialfalle bis hin zur Hundestaffel finnischer Bärenjäger, gescheitert. Bruno wurde zum internationalen Medienstar. Sein Abschuss löste eine Welle der Empörung aus. Wütende Leserbriefe, Rücktrittsforderungen und Strafanzeigen gegen den bayerischen Umweltminister, Morddrohung blindwütiger Tierfreunde gegen die Schützen etc. Doch was wäre gewesen, wenn „Bruno“ einen Menschen angefallen hätte?? Angesichts der Aufruhr um seinen Abschuss fragt man sich aber auch, warum sich nicht genau so viele Leute darüber aufregen und engagieren, wenn in ihrer Nachbarschaft ein Kind verwahrlost, geschlagen oder missbraucht wird?

Bekenntnis von G. Grass: Fassungslos reagierten viele auf das verspätete Geständnis des Schriftstellers, Nobelpreisträgers, Danziger Ehrenbürgers und linken Moralapostels Günter Grass, der unerbitterlich die NS-Vergangenheit von Politikern wie G. Kiesinger, Karl Schiller und anderen angeprangert hatte, aber jahrzehntelang verschwieg, dass auch er selbst als 17-Jähriger in den letzten Kriegsmonaten in die Waffen-SS eingezogen worden war. Scheinheiligkeit pur! Aber warum gerade jetzt sein Bekenntnis? Sicherlich hat er dadurch viel Publicity für sein neues Buch!

Totenschändung: Die Veröffentlichung von Fotos in einer Boulevardzeitung, auf denen deutsche Soldaten in Afghanistan mit zum Teil obszönen Gesten mit einem Totenschädel posieren, schockte ganz Deutschland. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Störung der Totenruhe, ferner wurde ein Disziplinarverfahren gegen die Beteiligten eingeleitet. In Berlin wurde zudem die Sorge laut, dass die Bilder vom „Totenkopf-Spiel“ die Gefährdung der knapp 3000 deutschen Soldaten in Afghanistan erhöhen könnte.

Giftmord an russischem Ex-Spion: Der ehemalige russische Geheimagent A. Litwinenko wurde in London mit einer hohen Konzentration der radioaktiven Substanz Polonium 210 getötet. Der britische Staatsbürger recherchierte im Fall der ermordeten russischen Journalistin Anna Politkowskaja. Auf dem Sterbebett machte Litwinenko Präsident Putin für seinen Tod verantwortlich. Dieser wies alle Anschuldigungen zurück.

Ein neues Buch, ein neues Jahr
Was werden die Tage bringen?
Wird’s werden, wie’s immer war
Halb scheitern, halb gelingen?
Theodor Fontane

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