Eichstätt, (upd) – Die Germanistin Dr. Anna Gloria Ritter erhält für ihre an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) entstandene Dissertation den diesjährigen Kulturpreis Bayern. Ritter beschäftigt sich in ihrer prämierten Arbeit „Mehrsprachigkeit in der Familie“ mit den Sprachgewohnheiten russisch-deutscher Migrantenfamilien in Deutschland. Vergeben wird der Kulturpreis Bayern bereits zum 20. Mal in Folge von der Bayernwerk AG gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Geehrt werden Künstlerinnen und Künstler sowie die 33 besten Universitäts- und Hochschulabsolventinnen und -absolventen Bayerns. In der Sparte Wissenschaft ist der Preis mit 3000 Euro dotiert.
Mit ihrer Arbeit leistet Anna Gloria Ritter einen Beitrag zum besseren Verständnis des gesellschaftlich hochrelevanten Phänomens der Mehrsprachigkeit. Betreuer der Dissertation war Prof. Dr. Sebastian Kürschner, Inhaber des Lehrstuhls für Deutsche Sprachwissenschaft an der KU. Die Zweitbetreuung lag bei Prof. Dr. Björn Hansen, Inhaber des Lehrstuhls für slawistische Linguistik an der Universität Regensburg.
Am Beispiel von zehn Familien mit einem russischsprachigen Hintergrund erforschte Ritter deren Sprachgewohnheiten und kondensierte ihre Erkenntnisse in „soziolinguistischen Familienporträts“, anhand derer sich unterschiedliche Typen mehrsprachiger Kommunikation im Bereich der Familie erkennen lassen. Mehrsprachigkeit entfaltet sich dabei nicht nur in der individuellen Kompetenz der Beteiligten, sondern auch in verschiedenen Gesprächskonstellationen, die von Einsprachigkeit über Sprachwechsel bis hin zu Sprachmischungen unterschiedlich geprägt sein können. Eine große Rolle spielt dabei, wer am Gespräch beteiligt ist – und welcher Generation diese Person angehört und wann sie ausgewandert ist. Bei Kindern und Jugendlichen ist der Kindergarten- oder Schulbesuch ein wichtiger Einflussfaktor für die Nutzung mehrsprachiger Repertoires – was wiederum auf die gesamte Sprachpolitik innerhalb der Familie Einfluss nimmt.
Methodisch kombinierte Anna Gloria Ritter eine fragebogenbasierte Erhebung mit der qualitativen Analyse von echten Gesprächen. Fast 600 Stunden Gesprächsmaterial analysierte die Germanistin. Für deren Erhebung griff sie zu einem innovativen Ansatz: Um einen möglichst authentischen Kontext abzubilden, war sie als Forscherin bei der Aufnahme der Gesprächsdaten nicht anwesend. Ihr Doktorvater Sebastian Kürschner lobt: „Frau Ritter leistet mit ihrer Arbeit in methodischer und theoretischer Hinsicht einen starken Beitrag zur Weiterentwicklung der sprachwissenschaftlichen Forschung.“ Ihre Erkenntnisse seien nicht nur von linguistischer Relevanz, sondern von breiterem gesellschaftlichen Interesse. Sie könnten dazu beitragen, politische Diskussionen zur Rolle von Mehrsprachigkeit datenbasiert zu versachlichen und einen Input für die Entwicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik für Schulen liefern.
Nach ihrer erfolgreichen Promotion im Juli 2023 an der KU ist Anna Gloria Ritter mittlerweile an der Universität Koblenz als Akademische Rätin am Institut für Germanistik im Bereich Deutsch als Zweit- und Fremdsprache beschäftigt. Neben der Lehrtätigkeit widmet sie sich weiterhin Forschungsprojekten im Bereich Mehrsprachigkeit. Über den Kulturpreis Bayern freut sie sich sehr: „Ich war absolut überrascht, weil ich nicht wusste, dass ich für diesen Preis vorgeschlagen wurde – umso größer war dann die Freude!“
Die feierliche Kulturpreisverleihung findet am 14. November im Münchener Showpalast statt. Traditionell kombiniert die Veranstaltung die Ehrung von Kunstschaffenden und Forschenden. Der Bayerische Wissenschafts- und Kunstminister Markus Blume betont: „Wissenschaft und Kunst sind aufs engste miteinander verbunden – sie sind Lebenselixier der freiheitlichen Gesellschaft. Es ist richtig und wichtig, dass wir beim Kulturpreis Bayern in der Sparte Wissenschaft junge Talente aus unseren Hochschulen für ihre Ideen und ihren Mut auszeichnen.“ Dr. Egon Leo Westphal, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, sieht die Wissenschaft als Basis für die Realität von morgen: „Die Wissenschaft zeigt uns auf, was nötig ist und was möglich ist. Unsere diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger aus der Hochschullandschaft gehen wichtigen gesellschaftlichen Fragen auf den Grund und geben mit ihren Arbeiten wertvolle Impulse für die Realität von heute und morgen.“ – KU Eichstätt-Ingolstadt
Zum Kulturpreis Bayern:
Die Verleihung des Kulturpreises wird am 14. November ab 19 Uhr live übertragen unter https://bayernwerk-live.de/kulturpreis-bayern/ sowie verschiedenen Regionalsendern wie Ingolstadt TV. Alle Preisträgerinnen und Preisträger erhalten die vom Schwandorfer Bildhauer Peter Mayer geformte Bronzestatue „Gedankenblitz“. Während eine Fachjury die fünf Kunstpreisträgerinnen und -preisträger auswählt, benennen die staatlichen bayerischen Hochschulen, Kunsthochschulen und Universitäten ihre besten Absolventinnen und Absolventen sowie Doktorandinnen und Doktoranden.
Bildunterschrift: Dr. Anna Gloria Ritter, Absolventin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, erhält am 14. November den Kulturpreis Bayern 2024 (Foto: Daniel Bermann).