Mi. Apr 24th, 2024

Rot-Kreuzler mit Helfer-Syndrom

Anderen zu helfen, hat Toni Drexler zu seiner Lebensaufgabe gemacht, beruflich wie privat. Seit 50 Jahren ist er beim Bayerischen Roten Kreuz, davon 30 Jahre lang hauptamtlich. Er war vier Jahre lang Kreisbereitschaftsleiter für den ganzen Landkreis, sowie acht Jahre Kolonnenführer in Schrobenhausen. Seit 12 Jahren ist der gebürtige Schrobenhausener Leiter der Rettungswache in der Spargelstadt. Dort gründete er 1970 das Jugend-Rot-Kreuz und leitete es bis1980. Waren damals noch 80 Jugendliche aktiv, so mangelt es aufgrund anderer Interessen und fehlendem Engagement der Jugendlichen inzwischen an Nachwuchs, was er sehr bedauert.

Mit viel Herzblut….

engagiert sich Drexler seit vielen Jahren für die von ihm aufgebaute humanitäre Hilfe. Nach Unruhen in Polen und der sichtbaren Not der Menschen dort entstand 1980 die Idee dazu, die er gemeinsam mit dem Arzt Dr. Sedlaczek verwirklichte. Dieser hatte Kontakte nach Polen. Im Februar 1981 startete der erste Hilfstransport mit einem von der Firma Tyroller aus Ried zur Verfügung gestellten Lkw, der 21 t Lebensmittel und Hygieneartikel nach Polen brachte. Als es den Menschen dort wieder besser ging, wurde 1985/86 die Hilfe eingestellt.

„Aus Freude geweint“

Inzwischen hatte man von den katastrophalen Verhältnissen in Rumänien erfahren, bekam jedoch von der amtierenden Regierung keine Genehmigung zur Einreise. Erst nach dem Sturz des Präsidenten Ceausescu konnte 1990 ein Konvoi mit drei großen Lkws nach Sibiu/Rumänien starten, wo viele Deutschstämmige leben. Die Aktion war ein toller Erfolg, so Drexler. „Die Leute haben zum Teil aus Freude geweint, weil es ihnen so schlecht ging und sie nun von uns etwas bekamen!“ Zusätzlich wurden noch Krankenhäuser und ein Kinderheim versorgt. Keine Probleme gab es an der Grenze. Schon von den Polen-Fahrten wusste man, dass eine kleine Aufmerksamkeit an die Grenzbeamten das Ausstellen der erforderlichen Genehmigungen und Papiere wesentlich beschleunigen konnte. „Wir haben ein Packerl Kaffee und ein paar Tafeln Schokolade in das Grenzhäuserl hineingeschoben und kein Mensch hat uns kontrolliert!“, erzählt Drexler. „Die freuten sich darüber, sind ja selber arme Teufel!“

Komplette Dialysestation für Iasi

Inzwischen war Drexler mit seinen ehrenamtlichen Helfern 30 bis 40 Mal in Rumänien. Auf Vermittlung von Frau Dr. Leporda, Frauenärztin am Neuburger Krankenhaus, wurde auch ein Kontakt zu einem Krankenhaus in Iasi hergestellt, die dringend Dialysegeräte benötigten. Nachdem ein 20 Jahre altes, ausgesondertes Gerät beschafft werden konnte, beauftragte Drexler eine Firma mit dem Bau der dazu notwendigen, 70.000 DM teuren Wasseraufbereitungsanlage (finanziert aus Spendengeldern), ließ einen Medizintechniker aus Rumänien und eine Krankenschwester einarbeiten und startete mit den Dialysemaschinen, der Wasseraufbereitungsanlage, Krankenbetten, Monitoren und 25 ehrenamtlich tätigen Fachleuten, wie Maurer, Elektriker, Installateur, Fliesenleger, eben allen Berufsgruppen, die zur Einrichtung der Dialysestation erforderlich waren, nach Iasi.

Wettlauf mit der Zeit

Dort wurde eine Woche lang rund um die Uhr gearbeitet, da ja alle Teilnehmer dafür Urlaub nehmen mussten, vor allem jedoch, weil ein Kind, das dringend eine Dialyse benötigte, bereits im Koma lag. Im Wettlauf mit der Zeit wurde Tag und Nacht geschuftet. „Das Kind wurde gerettet und ist inzwischen 19 Jahre alt. Dies war natürlich ein Ansporn für uns“, erzählt Drexler – und das erklärt vielleicht auch sein großes Engagement und das seiner Helfer. Heute – fast 10 Jahre danach – erhalten regelmäßig 40 Kinder eine Blutwäsche an den Dialysemaschinen, die vor drei Jahren durch neue Geräte ausgetauscht wurden.

Hilfskonvois in viele Länder

Doch Rumänien ist nicht das einzige Ziel der Hilfsaktionen. Auch in Moskau (2600 km einfach) wurden Kliniken mit Krankenbetten, Matratzen, Nachtkästchen, ja sogar mit kompletten Lazaretten für 115 Personen beliefert. 1997 war die Lage der Menschen in der Ukraine äußerst schlecht, weshalb die Schrobenhausener BRK-Hilfe auf Vermittlung des Bayerischen Roten Kreuzes mit sieben Lkws an Lebensmitteln, Kindernahrung und Bekleidung half. Auch in Albanien war man mehrmals, hatte u.a. eine Suppenküche und 18 t Lebensmittel im Gepäck, um im Kosovo-Krieg die nach Albanien geflüchteten Menschen zu versorgen. Dazu mussten die Lkws jedes Mal einen Umweg über Italien, Griechenland und Mazedonien in Kauf nehmen von wo aus Bundeswehrpanzer dann als Begleitschutz dienten.

Schiff in Sturm

Noch frisch in Erinnerung ist eine Fahrt nach Eriwan in Armenien im Jahre 2002. Sie führte über Österreich, Ungarn, Rumänien nach Bulgarien, dort mit den Lkws auf ein Schiff, in Georgien wieder an Land, weiter nach Armenien. Drei Wochen waren sie unterwegs. Ziemlich unappetitlich sei es hinsichtlich der Beköstigung auf dem Schiff gewesen, erzählt Drexler. Der Koch habe zuerst das Klo ausgeräumt und dann das Essen in der Küche verteilt. „Von den angebotenen Mahlzeiten auf dem Schiff hab ich nichts runtergebracht…….. hab lieber das Brot und die Büchsenwurst aus meiner mitgebrachten Brotzeitkiste gegessen.“ Während die Hinfahrt mit dem Schiff drei Tage dauerte, verlängerte sich die Rückfahrt um zwei Tage, denn aufgrund eines Sturmes durfte der Hafen 32 Stunden lang nicht angelaufen werden. „Bei dem Zustand des Schiffes hab ich mir schon Gedanken gemacht, ob wir überhaupt noch aus dieser Kiste herauskommen!“

Vom Helfer-Virus infiziert

Da stellt sich natürlich die Frage, ob seine Frau Gertraud mit seinen vielen, manchmal auch gefährlichen Fahrten einverstanden ist? „Anfangs hat sie schon Probleme gemacht, aber in 36 Jahren Ehe hat sie sich daran gewöhnt. Sie wusste von vorneherein, dass sie einen Rot-Kreuzler heiratet, dass ich ein humanitärer Mensch bin und viel unterwegs, um anderen zu helfen, ob in Deutschland oder im Ausland.“ War sie auch schon mal bei den Fahrten dabei? „Nein, wir haben ein behindertes Kind, weshalb sie nicht weg kann! Sie ist aber auch beim Roten Kreuz und macht beim Blutspendedienst mit.“ Überhaupt hat die ganze Familie eine soziale Ader. Die Tochter hat Krankenschwester gelernt und der Schwiegersohn arbeitet als Rettungsassistent beim Roten Kreuz. „Daher gibt es keine Probleme! Mein persönlicher Auftrag ist, anderen zu helfen so lange ich lebe und gesund bleibe!“

Toni Drexler wäre nicht Toni Drexler hätte er nicht zum Schluss noch eine Bitte an die Leser: „Der BRK-Flohmarkt garantiert zwar einen gewissen Kapitalstamm, von dem wir einiges bezahlen können, aber die Transportkosten der Lkw-Fahrten sind sehr hoch, weshalb Spenden immer sehr willkommen sind. Helfen Sie uns! Danke!“ (Konto-Nr. 360800 bei der Sparkasse Schrobenhausen, Kennwort: Humanitäre Hilfe).

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