Fr. Mrz 29th, 2024

Eichstätt (upd) – Welche Bilder hat man vor Augen, wenn der Begriff „Mittelalter“ fällt? Vermutlich dürfte es eine Mischung aus Burgen, Rittern, Schmutz, Krankheit und einem generell rauen Leben sein – eben die sprichwörtlichen mittelalterlichen Verhältnisse. Doch aus welchen Quellen wird heutzutage unser Bild vom Mittelalter geprägt, das solche Assoziationen mit sich bringt? Dieser Frage sind Studierende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) im Rahmen des Seminars „Man sprach Latein, die Mehrheit ließ es sein: Mittelalter und Popkultur“ nachgegangen. Anstatt herkömmlicher Referate haben sie eine Homepage gestaltet, auf der sie auch für die breite Öffentlichkeit in Form von Podcasts und Videos über verschiedene Aspekte berichten, zu denen sie recherchiert haben.

So lässt etwa der Student Mika Engemann in seinem Videoessay eine Auswahl der unzähligen Verfilmungen des Robin Hood-Themas Revue passieren und gibt Einblick in die historische Forschung zu dieser Figur. Er stellt dabei abschließend fest: „Real oder Fiktion – Robin Hood ist eine polarisierende Figur, die sich schon lange hält. Auch wenn die Interpretationen der Filmindustrie nicht immer authentisch sind, erlauben sie uns, die Überlieferungen in für uns verständliches Bildmaterial zu übersetzen.“

Als Leiter des Seminars erklärt Kilian Baur, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte, dass „die Frage der Authentizität nur ein Aspekt des Seminars war. Hierzu haben die Studierenden eine Mischung aus wissenschaftlicher Literatur und Quellen rezipiert und die daraus gewonnenen Erkenntnisse den popkulturellen Darstellungen gegenübergestellt.“ Im Mittelpunkt habe vorwiegend die Frage gestanden, welche Mittelalterbilder in den verschiedenen Medien transportiert werden, ob sie neue Vorstellungen vom Mittelalter enthalten oder bereits vorhandene reproduzieren und wie sie diese Bilder inszenieren.

Die weiteren Beiträge der Studierenden reichen von Figuren wie dem Glöckner von Notre Dame als Musicalthema bis hin zum Mittelalter als Thema von Sketchen, Stilelement von Popmusik sowie die Darstellung der mittelalterlichen Gesellschaftsstruktur in Computerspielen. Am Beispiel von „Mount and Blade“ zeigt sich etwa, dass in diesem Spiel das Feudalsystem sehr vereinfacht dargestellt wird oder Religiosität als wichtiger Faktor der damaligen Gesellschaft überhaupt nicht zum Tragen kommt. Frondienste, Abgaben oder Leibeigenschaft spielen darin ebenfalls keine Rolle. Im Spielverlauf könne es ein einfacher Bauer sogar zum Ritter schaffen, obwohl das Rittertum in Realität nur dem Adel vorbehalten war. Solche Ungenauigkeiten seien aber unausweichlich, um einen flüssigen Ablauf und Spannung zu gewährleisten. Gerade die Fiktion einer so im Mittelalter nicht möglichen Biographie könne den Reiz solcher Spiele ausmachen.

Anhand des Heavy Metal-Genres „Viking Metal“ wiederum sei – wie Baur schildert – beispielsweise deutlich geworden, dass Bands vor allem an Vorstellungen vom Mittelalter anknüpfen, die seit dem 19. Jahrhundert vorhanden sind. Dabei nutzen sie etwa Bilder der Romantik für ihre Cover oder vertonen Heldensagen. „Das ist auch übertragbar auf alle andere Formen der popkulturellen Darstellung. Das ,finstre Mittelalter‘ findet in nahezu allen Medien Anwendung. Das dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die Protagonistinnen und Protagonisten häufig Persönlichkeiten sind, die sich über die gesellschaftliche Enge und die Normen hinwegsetzen – was sie umso heller erstrahlen lässt.“ Im Comedybereich wiederum diene das Mittelalter als Plattform, um etwa aktuelle Fragen von Ökologie oder Gleichstellung zu thematisieren. – Brigitte Hardt, KU Eichstätt-Ingolstadt

Die Ergebnisse des Seminars sind online zu sehen unter https://typischmittelalter.ku.de.

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