Mi. Mrz 29th, 2023

Ein Monster-Flop oder nur Deuces auf dem Tisch? Und hat der Gegner ein echtes Pokerface oder einen Tell? Vielleicht könnte man sich doch zum Pot bluffen …

Die gängigsten Begriffe der Pokersprache haben längst ihren Weg ins Alltagsvokabular gefunden. Aber selbst, ohne zu wissen, dass Deuces schwache Karten (Im Regelfall Zweien) sind, ein Monster-Flop die ersten drei Gemeinschaftskarten bedeutet und ein Tell eine verräterische Angewohnheit ist, befinden sich Pokerfreunde auch in Deutschland in bester Gesellschaft. Die Zahl der Zocker, die mittlerweile privat sowie in landbasierten oder Online-Casinos Texas Hold’ em oder eine andere Pokervariante spielen, wird von der German Poker Player Association auf mehr als 5 Millionen Leute  geschätzt. In der Pokerbundesliga treffen sich landauf, landab Spieler zum Training und zu Punkteturnieren, und sogar eine Pokernationalmannschaft des Deutschen Poker Sportbunds gibt es seit 2011.

Obwohl Poker allgemein als Glücksspiel bezeichnet wird, hat längerfristiger Erfolg nur ganz am Rande etwas mit Fortuna zu tun. Die wichtigsten Faktoren bei allen Varianten des Kartenspiels sind mathematisches Verständnis und psychologische Einsichten in die Denkmuster der Gegner.

Das heißt allerdings noch lange nicht, dass ohne intensives Studium Pokerkarten gar nicht erst angefasst werden sollten. Im Gegenteil: Nur im Spiel lassen sich die Erfahrungen sammeln, die in Verbindung mit theoretischem Wissen für Spiele auf hohem Niveau erforderlich sind. Da die reinen Regeln binnen kurzem erlernt werden können, steht von Anfang an dem Spaßfaktor nichts im Wege.

Online-Poker bietet dabei den einfachsten Einstieg. Hier werden die Spielregeln und der Ablauf Schritt für Schritt erläutert, vom Karten verteilen bis zum Setzen der Chips in den verschiedenen Runden. Hinzu kommt, dass die meisten Webseiten die Möglichkeit bieten, für ein paar Proberunden kostenlos Poker zu spielen,, so dass Neulinge ohne Sorgen ums Portemonnaie testen können, ob das Kartenspiel ihnen liegt und welche Abart sie bevorzugen. Online-Poker wird üblicherweise wie andere Casinospiele auch durch RNG oder Random Number Generator bestimmt, so dass der Zufallsgenerator das Quäntchen Glück oder Pech bei der Kartenvergabe bedeutet. Der Rest liegt dann am Spieler.

Die meisten ernsthaften Zocker nutzen Online-Hände, um sich jeden einzelnen Spielzug und Einsatz zu notieren, ob sie nun von Anfang an aufgeben, mittendrin folden oder zum Schluss den Pot einstreichen. Je mehr Daten vorliegen, desto leichter lässt sich verstehen, warum so manche schwächere Hand den Sieg davongetragen hat, während sich stärkere Spieler haben bluffen lassen.
Wer die Verhaltensmuster seiner Mitspieler zu analysieren lernt, kann mit größerer Wahrscheinlichkeit einschätzen, ob diese besonders vorsichtig sind, übereilt entscheiden, zu häufig oder so gut wie nie bluffen. Vor allem aber lassen sich die so gewonnenen Einsichten auf das eigene Spiel übertragen. Wer weiß, wo es bei ihm hapert, kann an seinen Schwachen arbeiten. Wer nicht weiß, welche Fehlentscheidungen er immer wieder trifft und warum es so ist, wird nichts dazu lernen.

Poker-Rechner, die im Online-Spiel die sich mit jeder ausgespielten Karte verändernden Wahrscheinlichkeiten kalkulieren, sind weitere Hilfen auf dem Weg zum versierten Zocker. Sie erlauben es vor allem am Anfang, zu erkennen, ob es sich überhaupt lohnt, eine Starthand zu spielen. Die Antwort lautet in 80 Prozent der Fälle nein. Dabei ist vor allem für Einsteiger die Versuchung groß, so oft wie möglich im Spiel zu bleiben, bis man verstanden hat, dass der Verzicht alles andere als eine Niederlage ist.

Pokerspieler, die ihre Zwangsauszeit dafür nutzen, die anderen Spieler und deren Gebaren zu studieren oder sich in langen Runden mit etwas Bewegung und frischer Luft wieder fit zu machen, haben sich einen Vorteil in einem Spiel verschafft, in dem Informationen die Basis für jede Entscheidung bilden sollten.

Nur durch Übung lässt sich zudem herausfinden, welche Unterschiede es bei den verschiedenen Platzierungen am echten oder am Online-Tisch gibt. Je später ein Zocker setzen muss, desto mehr Wissen über die bisherigen Spielzüge stehen ihm zur Verfügung.

Poker ist auch für Wissenschaftler ein spannendes Thema. Die US-amerikanische Universität Massachussetts Institute of Technology oder abgekürzt MIT, bot 2015 erstmals einen für alle Leute offenen Kursus zum Thema  Poker Theory and Analytics an, in denen den Studenten beigebracht wurde, wie sie am besten den Mitspielern das Geld aus der Tasche ziehen konnten. Der Kursus ist heute noch auf YouTube zu finden.

Inhaltlich geht es dabei in erster Linie um Datenanalysen und darauf basierende vorsichtige Strategien, um längerfristig Gewinne zu erzielen. Dazu gehört auch, weniger offensichtliche Chancen zu erkennen und zu wissen, wie man sich diese zunutze macht. Die Bedeutung des Sitzplatzes wird in den Lektionen genauso untersucht wie die möglichen Wege, Verhaltensmuster zu identifizieren und so wahrscheinliche Strategien der Gegner zu verstehen und darauf zu reagieren.

Eine Mischung aus Theorie und Praxis ist das Erfolgsrezept der meisten Pokerasse, die es vom  Amateur in den Profibereich  geschafft haben. Geduld gehört ebenfalls dazu, genau wie Selbstbeherrschung. Selbst der beste Zocker wird Spiele verlieren. Das gehört zur Natur von Spielen dazu.

Wer weiß, wann er Schluss machen sollte und akzeptiert, dass es manche Abende gibt, wo nichts läuft, hat eine Menge gewonnen. Wer hingegen mit immer größeren Risiken versucht, das Ruder herumzureißen oder sich von ein paar unerwarteten Gewinnen einreden lässt, dass er unbesiegbar ist, hat bereits etwas Wichtiges verloren – den klaren Kopf. Weil Poker auf hohem Niveau zwar Konzentration und eine gewisse Fitness erforderte, aber in erster Linie ein Denksport ist, spielt das Alter so gut wie keine Rolle.

Der erste Deutsche, der in Las Vegas bei der World Series of Poker im Main Event den Weltmeistertitel und einen mit 8,7 Millionen US Dollar dotierten Pot holte, war im Jahr 2011 der damals erst 22 Jahre alte Student Pius Heinz. Er hatte als 18-Jähriger nach seinem Studienantritt in Wien online mit dem Pokerspiel begonnen und sich intensiv damit befasst. Der zweite deutsche Zocker, der als Weltmeister aus Las Vegas abreiste, war 2019 der 55 Jahre alte Münsteraner Hossein Ensan. Er hatte das Spiel erst im Alter von rund 40 Jahren ernsthaft aufgenommen.
Während das mit einer Hand aus 5 Karten gespielte Texas Hold’ em weltweit die am weitesten verbreitete Pokerart ist, gibt es auch andere Varianten, die mit 5, 7 oder gar 8 Karten gespielt werden. Dabei ist der Ablauf immer der gleiche: Aus den offen aufgedeckten Gemeinschaftskarten und den verdeckten eigenen Karten muss nach mehreren genau festgelegten Setzrunden zum Schluss die stärkste Hand gebildet werden. Dabei ist es gleichgültig, wieviele Gemeinschaftskarten dabei genutzt werden.

Obwohl so gut wie jeder Pokerspieler von einem Royal Flush träumt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, je eine gleichfarbige Straße mit dem Ass als höchster Karte zu sehen. Beim Texas Hold’ em beträgt die statistische Chance auf einen Royal Flush verschwindend kleine 0,003232 Prozent oder 1:30.940. Ein Straight Flush (eine beliebige Straße in einer Farbe) kommt immerhin schon auf eine statistische Wahrscheinlichkeit von 0,027851 Prozent oder 1:3590,568.

Um sich alle Möglichkeiten von Pokerblattkombinationen und deren Wahrscheinlichkeiten zu merken, braucht es schon fast ein Rechenhirn. Zu wissen, wann sich das Zocken lohnt und wie man dann setzen sollte, um eine durchdachte Strategie zu verfolgen, ist leichter herauszufinden, Das Internet bietet alles, was nötig ist, um sich den 5 Millionen Pokerfans in Deutschland anzuschließen, ohne sich nur auf sein Glück zu verlassen. Das funktioniert auch, wenn man googeln muss, was ein Monster-Flop oder Deuces sind. – Emilia

 

 

Bild 1 – https://pixabay.com/de/vectors/karten-spiel-asse-vier-diamanten-161404/
Bild 2 – https://pixabay.com/de/photos/karte-poker-as-spiel-kasino-1738844/

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