Fr. Mrz 29th, 2024

Aufnahme von Eichstätt ins brennessel Magazin Gebiet Interview mit OB Arnulf Neumeyer

brennessel Magazin ist um eine Attraktion reicher – Eichstätt! Die Erweiterung des Aktionsradius lag auf der Hand, liegt Eichstätt doch nur knapp 20 km von Neuburg entfernt. Bei den Recherchen zu dieser Startaktion fiel auf, dass es sowohl großes Interesse an einer Zusammenarbeit zwischen den beiden Landkreisen gibt, wie aber auch latentes Desinteresse… Doch gibt es allerhand Informationen und Aktivitäten wie Prognosen, die zeigen, dass zwischen Neuburg-Schrobenhausen und Eichstätt eine Kooperation am entstehen ist, bzw. die bestehende sukzessive ausgebaut wird. Um unseren Lesern einen Einblick in die Gewerke der Bischofs- und Universitätsstadt zu vermitteln, befragten wir Arnulf Neumeyer, den ‘roten’ Oberbürgermeister von Eichstätt.

Der gebürtige Eichstätter
..macht den Job des Oberbürgermeisters nach eigenen Aussagen wahnsinnig gern. Neumeyer ist seit über 30 Jahren mit seiner Frau Monika verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern. An dem Gerücht, dass Neumeyer bei der Kommunalwahl ‘nur zum Spaß’ antrat, ist nichts dran. 1994 kamen mehrere Glücksfälle für die Eichstätter SPD zusammen, der Vorgänger von Neumeyer trat nicht mehr an, dann gab es die Amigo-Affäre um Max Streibl und last not least waren sich die Partei-Oberen der CSU in Eichstätt nicht einig über ihren Spitzenkandidaten. “Die Eichstätter wollten einfach etwas Neues ausprobieren und wählten mich hernach in der Stichwahl mit über 58 % der Stimmen. Ich habe in den 10 Jahren meiner Amtszeit nicht einen Tag erlebt, an dem ich nicht gerne ins Rathaus gegangen wäre. Ob es jetzt um große Themen geht, wie z.B. die Entscheidung über die Erschließung eines Baugebietes, oder ob es sich um das Aufstellen einer Parkbank handelt, die sich eine ältere Dame wünscht – man kann immer etwas zum Positiven verändern, und das oft ohne viel Bürokratie… Denn ich bin nicht unbedingt ein Freund derselben, jedoch akzeptiere ich das bürokratisch Notwendige.”

„Eichstätt ist keine Industriestadt“
und verfügt deshalb über ein geringes Aufkommen an Gewerbesteuer. Wir sind eher eine Stadt des Mittelstands und des Öffentlichen Dienstes. Der größte Arbeitgeber in unserer Region ist die Osram mit ca. 800 Beschäftigten. Alle anderen Betriebe gehören dem Mittelstand an und beschäftigen bis zu 100 Mitarbeiter. Wir sind in Eichstätt sehr daran interessiert einen weiteren größeren Arbeitgeber anzusiedeln und haben mit der kontinuierlichen Erschließung des Gewerbegebietes die Weichen hierfür gestellt. Das Jahr 2001 bescherte uns z.B. einen Gewerbesteuereinbruch von knapp 3 Mio. Mark. Dies machte viele Sparmaßnahmen notwendig, wie z.B. einen Einstellungsstop in der Verwaltung oder gar die Schließung der Eichstätter Musikschule, die jedoch nun als Nachfolgeverein erfolgreich weiter arbeitet. Erfreulich ist bei uns die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt mit nur knapp 3 % Arbeitslosen. In unserer heutigen Zeit kann man da schon beinahe von Vollbeschäftigung sprechen. Interessant ist auch, dass weitaus mehr Menschen zum Arbeiten nach Eichstätt einpendeln als umgekehrt.

Charakterisierung!
“Eichstätt ist eine Kleinstadt. Das hat den Vorteil, dass man vieles, egal ob Probleme oder zukünftige Projekte, in persönlichen Gesprächen klären kann. Der Nachteil ist, dass man immer präsent ist – man kommt nicht aus. Eichstätt ist lebenswert, die Infrastruktur ist gewachsen, ob das jetzt den Kindergarten- oder Schulbesuch betrifft, die Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr oder den Branchenmix wie auch die ärztliche Versorgung. Insbesondere haben wir uns in den letzten Jahren um ein abwechslungsreiches Kulturleben bemüht. Durch die Installation unseres ‘Haus der Jugend’ unter der Leitung von Bernd Zengerle ist es uns gelungen, auch den Jugendlichen bei ihren Kulturprojekten Gehör zu geben und deren Ideen in den Kulturkalender mit einfließen zu lassen. Diesbezüglich treffe ich mich einmal wöchentlich mit Zengerle zum Gedankenaustausch.

In Eichstätt gibt es kein Kulturreferat. Durch die enge finanzielle Situation der letzten Jahre waren wir gezwungen, die Eichstätter Sommerspiele umzumodeln. Zum Glück konnten wir einige Leute aus dem alten Team für die neue jährliche Kulturreihe gewinnen. Als Ansprechpartner für das Alte Stadttheater (Asthe) haben wir noch zusätzliche kulturelle Möglichkeiten. Von einem Kultur-Etat wie in anderen Städten kann jedoch in Eichstätt nicht die Rede sein – zu begrenzt sind da unsere Möglichkeiten. Doch bin ich der Meinung, dass für das Wenige, was wir zur Verfügung haben, das Optimale auf die Beine gestellt wird – und manchmal sogar noch ein bisschen mehr… An dieser Stelle muss man natürlich das kulturelle Engagement der Uni, der Kirche, der VHS und der vielen Vereine in Eichstätt loben.”

Universitäts- und Bischofstadt
“Mit den Verantwortlichen der Universität und dem Bischof finden im Jahr regelmäßige Treffen zum Gedankenaustausch statt. Insbesondere möchte ich da unser gemeinsames Engagement um die Installation eines ‘Tourismus-Lehrstuhls’ an der Uni Eichstätt hervorheben. Durch die Hartnäckigkeit von Karl Jägle, der großzügigen Unterstützung der Sparkasse und dem Beitrag der Stadt Eichstätt und dem Landkreis, ist es gelungen, diesen an der Uni auf 5 Jahre einzurichten. Knapp 200 Studenten haben sich für den ersten Studiengang eingeschrieben. Geplant ist u.a., dass für die Region 10 ein überregionaler Tourismus-Marketing-Auftritt vorangebracht wird. Es kann keinen Sinn machen, dass jede Kommune hier ihr eigenes Süppchen kocht und somit wertvolle Chancen für den Tourismus ausgelassen werden. Der Tourismus ist für den Donau- und Altmühlbereich ein Wachstumsmarkt und könnte gerade im Blick auf bevorstehende kulturelle Ereignisse, wie die Landesausstellung in Neuburg, hervorragend angekurbelt werden.”

Wünsche für die Zukunft
“Ich wünsche mir, dass sich die Köpfe der großen Politik endlich zusammenraufen, damit eine vernünftige Gemeindefinanzreform auf die Füße kommt. Dies würde für die Zukunft den Kommunen viel Planungssicherheit und nicht zuletzt dem Bürger wieder Vertrauen in die Politik geben. Überdies darf Eichstätt auch weiter wachsen. Ich sage das im bezug auf das Gewerbe, Einwohner, Universität und Kulturleben. Unsere Aufgabe muss es sein, die Attraktivität unserer Stadt weiter auszubauen.”

Geschichtliche Eckdaten:
908: König Ludwig das Kind verleiht dem Bischof Erchanbald das Recht, im Kloster Eichstätt Markt und Münzstätte einzurichten und eine Stadt zu erbauen. Beginn der Ummauerung der Stadt.
1042: Eichstätt wird erstmals als “civitas” (Stadt) bezeichnet
14./15. Jh.: Blütezeit des Eichstätter Bürgertums. Vier Vorstädte entstehen
1460: Gründung des Augustinerinnenklosters Marienstein
1597: Auf der Willibaldsburg wird ein Botanischer Garten angelegt.
1634: Eroberung und nahezu völlige Zerstörung der Stadt durch die Schweden
1704: Die Stadt feiert am 5. Juli ein Dankfest dafür, dass Eichstätt im spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714) trotz akuter Bedrohung vor größeren Kriegsschäden bewahrt blieb.
1711: Gründung des Augustinerinnenklosters Notre Dame du Sacré Coeur
1716: Hofbaudirektor Gabriel de Gabrieli wirkt in Eichstätt bis 1747. Ihm sind Eichstätts schönste Barockbauten zu verdanken.
1745: Tausend-Jahr-Feier der Diözese
1750: Mauritio Pedetti wirkt als Hofbaudirektor in Eichstätt bis 1979
1870: Eröffnung der Eisenbahnstrecke Ingolstadt-Eichstätt-Treuchtlingen
1886: Der Historische Verein Eichstätt wird gegründet und errichtet ein Museum auf der Willibaldsburg
1951: Gründung der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Rebdorf ab 1952 in Eichstätt, Jägerkaserne
1969: Gründung des Naturparks Altmühltal, des mit rund 3000 Quadratkilometern Fläche größten Naturparks in Deutschland.
1972: Errichtung der kirchlichen Gesamthochschule Eichstätt
1973: Zwischen Eichstätt und Bolca Vesstenanova (Italien) wird eine Städtepartnerschaft begründet
1976: Das Jura-Museum auf der Willibaldsburg wird eröffnet
1982: Das Diözesanmuseum beim Dom wird eröffnet
1987: Fertigstellung der neuen Universitätsbibliothek
1988: Einweihung des “Alten Stadttheaters”
1992: Einführung der ‘Stadtlinie’
1999: Einweihung des ‘Hauses der Jugend’
2002: Die Städtepartnerschaft mit Chrastava (ehem. Kratzau) in Tschechien wird besiegelt

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