Bayerns Gesundheitsminister informierte sich bei München Klinik Schwabing über Umgang mit Post-COVID-SyndromMünchen – Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek will die Spät- und Langzeitfolgen einer Corona-Infektion stärker in den Fokus nehmen und dabei auch die Forschung fördern. Holetschek betonte am Donnerstag anlässlich eines Gesprächs mit Experten in der München Klinik Schwabing am Vorabend: „Wir erarbeiten gerade ein Konzept für einen Bayerischen Aktionsplan zum sogenannten Post-COVID-Syndrom. Unser Ziel ist es, jetzt die Weichen zu stellen für Fragen, die uns auch dann noch beschäftigen werden, wenn die akute Pandemie möglicherweise schon überwunden ist.“
Der Minister erläuterte: „Konkret geht es mir darum, die Versorgung der Post-COVID-Betroffenen zu verbessern. Wir wollen ganz praktische Projekte und Ansätze finden, wie wir Therapien fördern und möglichst in die Regelversorgung übernehmen können. Die Details werden gerade erarbeitet. Ich hoffe, dass wir sie bald vorstellen können.“
Holetschek besuchte die München Klinik am Mittwochabend im Anschluss an die 94. Gesundheitsministerkonferenz und nutzte den Austausch, um sich über Erfahrungen und Bedürfnisse im Kampf gegen Corona-Spätfolgen zu informieren. Die München Klinik Schwabing hatte die ersten COVID-19-Patienten in Deutschland im Januar 2020 behandelt. Seitdem wurden dort mehr als 2.600 Corona-Infizierte behandelt, davon 660 auf Intensivstationen. Insbesondere im Bereich von COVID-Erkrankungen bei Kindern und möglichen Langzeitfolgen verfügt die Klinik über große Erfahrung seit Beginn der Pandemie.
Dr. Axel Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik, sagte: „Nach einer herausfordernden dritten Pandemie-Welle gehen die COVID-19-Patientenzahlen auch in der München Klinik zurück, die Zahl der Intensivpatienten bewegt sich aktuell auf niedrigem zweistelligen Niveau. In der Hochphase der Pandemie hatte die München Klinik zeitgleich rund 60 Patienten auf Intensivstationen versorgt – insgesamt haben die Teams aus Pflege und Medizin Herausragendes geleistet. Teilweise haben sie mehrere Monate um das Überleben der Patientinnen und Patienten gekämpft. Mit sinkenden Fallzahlen akut erkrankter COVID-19-Patienten holen wir nun viele verschobene Operationen nach, denn hier warten Patientinnen und Patienten schon länger auf eine wichtige Behandlung.“
Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie der München Klinik, fügte hinzu: „Uns erreichen auch immer mehr Anfragen von Betroffenen mit Langzeitfolgen. Die Patienten sind glücklicherweise meist nicht mehr so krank, dass sie eine stationäre Behandlung in der Klinik benötigen. Sie könnten daher prinzipiell in einem ambulanten Setting versorgt werden. Auch die München Klinik, in der alle Disziplinen und Fachabteilungen mit erfahrenen Experten unter einem Dach vereinigt sind, könnte hier unterstützen. Beispielweise ist es bei uns im Bereich der Krebsmedizin Gang und Gäbe, dass Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen in gemeinsamen Fallbesprechungen zusammenkommen und die individuell beste Therapie und Nachsorge interdisziplinär für den Patienten festlegen. Da es sich beim Thema Post-COVID schwerpunktmäßig um ein ambulantes Angebot handelt, wären zuvor jedoch Struktur- und Finanzierungsaspekte zu klären.“
Für den ambulanten Bereich und damit außerhalb der Kliniken sind solche Strukturen noch wenig etabliert. Darüber diskutierte Holetschek mit den Experten der München Klinik. Einigkeit bestand darin, dass der aktuell hohe Bedarf einen Ausbau und verbesserte Rahmenbedingungen für solche Spezialangebote erfordert.
Im Bereich Post-COVID bei Kindern ist die Kinderklinik Schwabing sowohl forschend als auch für die Versorgung ein etabliertes Zentrum, dessen Konzept in Deutschland mehr und mehr Nachahmer findet. Die Kinderklinik Schwabing, unter gemeinsamer Trägerschaft der kommunalen München Klinik sowie der Technischen Universität München mit dem Klinikum rechts der Isar, verfügt sowohl über die notwendigen Forschungsstrukturen als auch die Expertise für die Therapie des im Rahmen von Post-COVID bei Kindern ausgeprägten „Chronischen Fatigue Syndroms“. Über den Stand der Versorgung und wie das Engagement von Bayern aus weiter ausgebaut werden kann, berichtete die Kinderärztin Prof. Uta Behrends (Klinikum Rechts der Isar, Technische Universität München).
Die Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychosomatik der München Klinik Schwabing, Sigrid Aberl, erläuterte im Gespräch mit dem Minister die aktuellen Herausforderungen durch die im Rahmen der Pandemie gestiegenen Therapie-Nachfrage bei Kindern und Jugendlichen, die unter den Auswirkungen der Pandemie besonders leiden.
Als Post-COVID-Syndrom werden Symptome bezeichnet, die sich während oder nach einer COVID-19-Erkrankung entwickeln, länger als zwölf Wochen andauern und nicht durch eine alternative Diagnose erklärt werden können. Zu den Symptomen können unter anderem Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Erschöpfung („Fatigue“) und psychische Beschwerden, aber auch andauernde Atembeschwerden und Herz-Kreislauf-Beschwerden gehören. Experten schätzen, dass etwa zehn Prozent der Erkrankten mit Spätfolgen zu kämpfen haben. In Bayern entspräche das derzeit rund 65.000 Betroffenen, bundesweit rund 350.000 Menschen. – Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege