Pfarrer der ev.-luth. Christuskirche Schrobenhausen
Vita: geboren 1949 in Ingolstadt, aufgewachsen in Untermaxfeld und Memmingen, 1968 Abitur, Theologiestudium, Lehrvikariat in Meitingen, seit 25 Jahren Pfarrer in Schrobenhausen; stellvertretender Dekan des Dekanatbezirks Ingolstadt, verheiratet, 3 Töchter und 2 Söhne im Alter zwischen 26 und 16 Jahren.
Herr Last, wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Zunächst einmal bin ich „erblich“ vorbelastet, denn mein Vater ist auch Pfarrer gewesen. Da er zehn Jahre lang eine Pfarrstelle in Untermaxfeld inne hatte, habe ich dort meine Kindheit verbracht.
Dann ist der Pfarrberuf also schon Familientradition?
Noch nicht ganz! Ich bin erst der zweite Pfarrer in der Familie. Und es freut uns sehr, dass das zweite unserer fünf Kinder auch diesen Berufsweg einschlagen wird und Theologie studiert.
Wie sind Sie nach Schrobenhausen gekommen?
Von 1978 bis 1981 war ich als Pfarrer in den Rummelsberger Anstalten, einer der großen diakonischen Einrichtungen unserer Landeskirche, und habe mich dann nach einer Gemeinde umgesehen. Durch Zufall erfuhr mein Vater auf der Beerdigung eines Kollegen, der hier im Ruhestand gelebt hatte, dass in Schrobenhausen eine Pfarrstelle frei ist. Meine Frau und ich haben uns hier umgesehen. Uns hat es gefallen und wir haben dem Kirchenvorstand/ der Gemeinde gefallen und dann beschlossen, es miteinander zu versuchen.
Was haben Sie in den letzten Jahren in Ihrer Gemeinde geschaffen, worauf Sie stolz sind?
Im Jahr 2000 war bei uns im Leitungsgremium ein sehr großer Wechsel, eigentlich ein Generationenwechsel. Der langjährige Vertrauensmann und 1. Vorsitzende ist sozusagen in seinen ehrenamtlichen Ruhestand gegangen und mit ihm eigentlich eine ganze Generation. Von 16 Mitgliedern des Kirchenvorstandes waren im Jahr 2000 dann 14 neu! Das war eine ganz große Aufgabe und Herausforderung. Wir haben dann erstmal ½ Jahr lang einen Crashkurs gemacht und daraus hat sich ein phantastisches Team entwickelt, das die Leitungsaufgabe unserer Kirchengemeinde ganz neu wahrgenommen hat. Wir sind eine der wenigen Gemeinden in Bayern, in denen die Leitung der Kirchengemeinde nicht beim hauptberuflichen Pfarrer sondern bei den Ehrenamtlichen liegt, die hier durch ein 3-köpfiges Präsidium vertreten werden. Das ist eine großartige Entwicklung, auf die ich wirklich stolz bin. Es wurde auch ein Leitbild erarbeitet, denn wir wollten nicht nur auf Herausforderungen reagieren, sondern uns auch Ziele setzen. Diese Richtung ist auch für das jetzt nach 6 Jahren neue gewählte Gremium (die Hälfte der bisherigen Vorstandsmitglieder stellte sich wieder zur Wahl) vorgegeben. Es wird mit dieser demokratischen Struktur weitergehen, wobei die letzte Verantwortung beim 3-köpfigen Präsidium liegt.
Wie groß ist ihre Pfarrgemeinde?
Zu uns gehört das Gebiet des früheren Alt-Landkreises Schrobenhausen in etwa, inkl. der Gemeinde Hohenwart. Wir sind knapp 2300 Gemeindemitglieder.
Welche Perspektiven und Wünsche haben Sie für die Zukunft?
Im nächsten Jahr werden wir unsere Kirche innen modernisieren und renovieren. Ich wünsche mir, dass das Gemeindeleben noch mehr in Schwung kommt. Ich möchte mich in Zukunft verstärkt auf die zwei Hauptaufgaben Seelsorge und Verkündigung konzentrieren, denn die Überfülle der Verwaltungsaufgaben, die Baugeschichten etc. haben die Schreibtischtätigkeit immer mehr in den Vordergrund gerückt. Privat haben wir keine so großen Wünsche: In den nächsten acht Jahren bis zu meiner Pensionierung deutet nichts auf einen Stellenwechsel hin – so Gott will und ich lebe – unsere Kinder sind bis auf die Jüngste außer Haus, meine Frau ist auch stark engagiert im Religionsunterricht, Stadtrat, in der Gemeindearbeit und mit mir zusammen in der Notfallseelsorge. Was wir mal in acht Jahren machen, das wissen wir noch nicht.
Die Kirchen haben in den letzten Jahren Gläubige verloren. Wo liegt der Grund dafür?
Es gibt zwei Hauptursachen: Das eine ist ein Bindungsrückgang an Institutionen und vielleicht auch ein gewisses Misstrauen. Der Rückgang der Kirchenmitglieder ist aber in Zukunft weniger durch Austritte bedingt als durch den demoskopischen Wandel, also durch die sich verändernde Altersstruktur. Bis 2030 – da gibt es ein Perspektivpapier von der Evangelischen Kirche Deutschland – muss eigentlich damit gerechnet werden, dass die Zahl an evangelischen Kirchenmitgliedern in Deutschland um bis zu einem Drittel schrumpft.
Wirkt sich dies auch wirtschaftlich aus?
Ja. Die Kirche muss sich überlegen, was in Zukunft noch finanziert werden kann. Vieles, was sinnvoll war, wird nicht mehr gehen. Wir müssen uns auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren, unser Profil zurückgewinnen und als Kirche erkennbar bleiben. Dann hat die Kirche auch eine Zukunft. Die Botschaft dieses Perspektivpapiers der Evangelischen Kirche Deutschland heißt auch „Gegen den Trend wachsen“. Es gibt also keine Resignation und keine Ängste, sondern eher eine entschlossene Zukunftsstimmung, weil wir davon überzeugt sind, dass Gott seine Kirche nicht einfach in der Versenkung verschwinden lässt.
Wie sehen Sie die ganze Entwicklung bei der jüngeren Generation?
Der Glaube ist bei ihnen kein Tabu mehr. Die Tendenz geht in Richtung: Ja zu Religion und Glaube, aber Vorsicht bei der Kirche! Mit engen Grenzen tut sich die junge Generation schwer, aber für sich selbst persönlich fragen sie nach dem Glauben. Vor allem junge Eltern wollen ihren Kindern ein religiöses Fundament mitgeben. Vor 20 Jahren haben junge Eltern noch gesagt: „Ich lasse mein Kind nicht taufen. Es soll später selbst entscheiden, ob es glauben will oder nicht.“ Ich habe in den letzten Jahren einige Taufen gehabt mit Eltern, die selbst keiner Kirche angehört haben oder nur einer der beiden Elternteile. Die sagten nun: „Ich lasse mein Kind jetzt taufen, später kann es mal selbst entscheiden, ob es glauben will oder nicht. Das ist eine interessante Entwicklung.
Soll der Mensch also schon von klein auf, also im Kindergarten und der Schule mehr Kontakt zur Kirche haben?
Ja. Religion – denke ich – gehört zu den Grundbefindlichkeiten des Menschen und Glaube hat ja nichts mit Dogmen und Ideologien zu tun, sondern mit Vertrauen. Wenn wir davon ausgehen, dass Gott der gute Urgrund unseres Lebens ist, dann ist es ganz wichtig, dass ein Kind in diesem Vertrauen aufwachsen kann, dass es erwünscht ist, dass es geliebt wird. Für das Urvertrauen der Kinder ist es ganz wichtig, dass in ihrer Kindheit eine dementsprechende Grundsteinlegung erfolgt.
Das ist Aufgabe der Eltern?
Ja und dabei müssen viele junge Eltern erst wieder begleitet werden. Das Problem ist, dass die jetzige Elterngeneration aufgrund ihrer eigenen Erziehung eigentlich vieles im Bereich Glauben/Kirche nicht weiß. Da wurden sie von der jungen Großeltern-Generation im Stich gelassen.
Ist es nicht auch so, dass in der Hektik des Alltags einfach keine Zeit bleibt für die Pflege der Beziehung zu Gott?
Diese immer stärker werdende Beschleunigung des öffentlichen, wirtschaftlichen und persönlichen Lebens ist natürlich ein großes Problem und Kirche – denke ich – hat da auch irgendwo die Aufgabe, eine „Entschleunigung“ anzubieten, um zur Besinnung und zur Ruhe zu kommen. Aber auch wir wissen: Stillstand bedeutet Rückschritt. Wachstum – darauf ist das menschliche und wirtschaftliche Leben angelegt. Die Kirche war in früheren Jahrzehnten, als Wachstum noch alles gewesen ist, vielleicht ein bisschen zu ideologiekritisch. Aber jetzt merkt man, dass Stillstand und Rückschritt auch nicht das ideale sind. Ein harmonisches Wachstum und ein bisschen mehr Zeit wären schön. Andererseits ist die Arbeitszeit ist ja immer weniger und die Freizeit immer mehr geworden. Trotzdem hat der Mensch immer weniger Zeit, denn aus der Freizeit ist ja auch Stress geworden. Man „muss“ ja alles erleben, planen, erreichen….
Was wünschen Sie sich für Ihre Pfarrgemeinde?
Dass jeder wahrnimmt, dass er kein Einzelgänger ist, sondern ein Teil der Kirchengemeinde, in der man auch bei Schwierigkeiten und Krisen ein Stück Geborgenheit und Heimat findet.
Was wünschen Sie unseren Lesern?
Die Zuversicht, dass auch das Jahr 2007 gelingen wird, dass sie den Reichtum eines gemeinsamen Lebens entdecken und praktizieren und sie sich gut in die Gemeinschaften einbringen, in denen jeder einzelne steht.