Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Landrat des von der Flutkatastrophe besonders betroffenen Landkreises Ahrweiler eingeleitet. Es gehe um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung.
Ahrweiler – Der Anfangsverdacht wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung durch Unterlassung richte sich gegen den Ahrweiler Landrat Jürgen Pföhler (CDU), weil dieser nach den Regeln des Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetzes Rheinland-Pfalz am Abend des 14. Juli „möglicherweise die Einsatzleitung und alleinige Entscheidungsgewalt“ innehatte, heißt es in den Angaben.
Ermittelt wird demnach auch gegen ein weiteres Mitglied des Krisenstabs, das die Einsatzleitung den Erkenntnissen zufolge zumindest zeitweise übernommen hatte.
Mindestens 141 Tote im Ahrtal
Extreme Starkregenfälle hatten vor drei Wochen verheerende Überschwemmungen an Flüssen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im Ahrtal, wurden verwüstet. Im Ahrtal kamen mindestens 141 Menschen ums Leben. 16 weitere werden noch immer vermisst. Die Einsatzleitung zählte insgesamt 766 Verletzte.
Warnung möglicherweise zu spät
Die Staatsanwaltschaft teilte dazu nun mit, es hätten sich „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür ergeben, dass am 14. Juli ab etwa 20.30 Uhr die Bewohner des Ahrtals hätten gewarnt werden müssen und möglicherweise auch Evakuierungen geboten gewesen wären. Dies sei aber „in einer als fahrlässig vorwerfbaren Begehungsweise offenbar nicht, nicht in der gebotenen Deutlichkeit oder nur verspätet erfolgt“.
Das könnte laut dem Anfangsverdacht für einen Teil der Todesfälle und Verletzungen „(mit)ursächlich“ gewesen sei. Die Ermittlungen zu den Flutopfern hätten ergeben, dass sich die Todesfälle überwiegend flussabwärts von Ahrbrück aus mit einem großen Schwerpunkt in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ereignet hätten.
Anfangsverdacht „mit Unsicherheiten“ behaftet
Die Staatsanwaltschaft betonte, dass derzeit lediglich ein Anfangsverdacht bestehe, „der naturgemäß auf einer mit Unsicherheiten und Lücken behafteten Erkenntnislage beruht“. Deswegen und wegen der Dramatik der Ereignisse gelte die bestehende Unschuldsvermutung in besonderer Weise.
Sammlung von Hinweisen per E-Mail
Vor der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens hatte die Staatsanwaltschaft eine Mail-Adresse für die Sammlung von Hinweisen zur Flutkatastrophe an der Ahr eingerichtet. Im Kern geht es dabei unter anderem darum, festzustellen, ob Warnungen tatsächlich zu spät erfolgt sind.
Landrat Pföhler hatte eigentlich für Freitagvormittag zu einem Pressetermin zur aktuellen Situation und dem Stand der Arbeiten im Flutkatastrophengebiet an der Ahr eingeladen. Dieser Termin wurde kurzfristig abgesagt. – BR