Berlin – Nervereien, vertane Zeit, im schlimmsten Fall vergeudetet Impfstoff: Dass Menschen ohne Absage nicht zu ihren Impfterminen erscheinen, sorgt seit langem für Frust. Jetzt fordern Politiker der Regierungskoalition für „Impfschwänzer“ Sanktionen.
Angestoßen hatte die Debatte Mario Czaja. Der Präsident des Berliner Roten Kreuzes (DRK) hatte seine Erfahrung mitgeteilt, dass in Berliner Impfzentren fünf bis zehn Prozent der Termine nicht wahrgenommen werden. Zwar ziehe man Spritzen in der Regel erst auf, wenn die Impfanwärter wirklich erscheinen, um eine Vergeudung von Impfstoff zu vermeiden. Doch das Termin-Hick-Hack kostet Nerven und kostbare Zeit im Wettlauf gegen die hochansteckende Delta-Variante des Virus. Czajas Forderung: Bußgelder von 25 bis 30 Euro für Impfschwänzer.
Lauterbach: „Kein Kavaliersdelikt“
Unterstützung bekommt er dafür inzwischen aus der Politik – etwa von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der bestätigt, das Problem als Impfarzt im Impfzentrum Leverkusen selbst zu kennen. „Diese Terminausfälle führen dazu, dass wir langsamer impfen, als wir könnten, und dass wir Impfstoff wegwerfen müssen.“ Das sei „kein Kavaliersdelikt“, so Lauterbach in den ARD-Tagesthemen.
Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) sagte, Impftermine verfallen zu lassen, sei nicht nur rücksichtslos, sondern ein Schlag ins Gesicht all derer, die derzeit noch auf den knappen Impfstoff warten. „Wer nur zu bequem ist, zum Hörer zu greifen oder mit wenigen Klicks einen Termin abzusagen, sollte für die angefallenen Ausfallkosten aufkommen müssen.“
Nur einer von vielen Bremsklötzen
Terminschlamperei ist nur eines von mehreren Problemen auf dem Weg zur angestrebten, wohl bei einer Impfquote über 80 Prozent erreichbaren Herdenimmunität. Von prinzipiellen Impfverweigerern abgesehen, kommt auch das Misstrauen gegen bestimmte Impfstoffe zum Tragen, das zuletzt zur Empfehlung sehr wirksamer Kreuzimpfungen geführt hat. Zudem fahren nach Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in letzter Zeit etliche Menschen lieber in Urlaub als ihren Zweitimpfungstermin wahrzunehmen. – BR