Sa. Apr 27th, 2024

„Nur aus Rassenfanatismus oder Geldgier“: Gerd Schmidt über Hundezüchtung und ihre Probleme
Neuburg – Wir waren mal wieder im Tierheim Neuburg zu Besuch und haben uns mit dem Tierheimleiter und Vorsitzenden des Neuburger Tierschutzvereins, Gerd Schmidt, unterhalten. Eigentlich ist im Tierheim alles gut. Aber eine Sache beschäftigt, belastet und ärgert den engagierten Tierschützer: Die Zucht schwieriger Hunderassen, die gesetzlich viel zu wenig geregelt ist und im Endeffekt dazu führt, dass immer mehr kaum vermittelbare Hunde im Tierheim landen und dort ihr Leben lang bleiben müssen.


Viele Tierheime sind inzwischen voll und können keine Problemhunde mehr aufnehmen, und auch wir können nicht mehr immer helfen, denn wir haben einfach zu viele kaum zu vermittelnde Dauergäste“, beklagt Herr Schmidt. Das Problem dabei sei nicht die Anzahl an Hunden, sondern wie viel Aufwand mit dem einzelnen Problemhund verbunden ist – zeitlich wie auch finanziell. Der Aufwand mit einem einzigen Problemhund entspricht etwa zehn bis 20 unkomplizierten Hunden, welche leicht vermittelbar sind und deshalb nur eine kurze Zeit im Tierheim bleiben.

Doch warum landen so viele schwierig zu handhabende Hunde im Tierheim und kommen dort nicht mehr raus? Die Antwort ist eindeutig: Das Problem, so der Leiter des Tierschutzvereins, seien die Züchter, von denen viele verantwortungslos arbeiten – auch wenn sie sich rein gesetzlich, und hier liegt für ihn das zweite große Problem, nichts zu Schulden kommen lassen.

Das Problem: Verantwortungslose Hundezüchter und Händler
„Die Verursacher all dieser Problem sind ganz bestimmt nicht die Hunde, und es sind auch nicht die Leute, die sich diese Hunde kaufen, mit ihnen nicht zurecht kommen und sie dann im Tierheim abgeben. Es sind ausschließlich die Züchter und Händler“, sagt Gerd Schmidt entschieden.

Der Züchter kennt die Elterntiere der Welpen, die er verkauft, und deren Wesensmerkmale. Er hätte eigentlich die Pflicht – gerade bei Gebrauchshunden wie Herdenschutzhunden, Jagdhunden oder anderen Arbeitshunden wie Border Collies – darauf zu achten, dass sie nur bei Menschen landen, die ihnen zum einen ein artgerechtes Leben ermöglichen und die zum anderen mit ihnen umzugehen wissen, sodass die Hunde nicht zur Gefahr werden. Auch Schäferhunde, Rottweiler und andere Hunde, die auf keiner Liste zu finden sind, aber eigentlich sehr komplizierte Rassen sind, gehören nicht in die Hände einer ganz normalen Familie.

Doch zu viele Züchter nehmen die Verantwortung dafür, welcher Hund zu welchem Halter kommt, nicht ernst, sondern verkaufen wahllos süße Welpen an ahnungslose Menschen, die sich überhaupt nicht vorstellen können, wie sich ihr kleines Hündchen mal verhalten wird, wenn die Geschlechtsreife erreicht ist. Auch züchten sie selten nach Wesensmerkmalen oder Gesundheit der Elterntiere, sodass einfache und gesunde Welpen das Ergebnis sind, sondern fast ausschließlich nach äußeren Rassemerkmalen – das ist eben finanziell am vielversprechendsten, weil sich besonders süße Welpen besonders teuer verkaufen lassen.

Folglich landen komplizierte Hunde bei unerfahrenen Menschen, es kommt zu dramatischen Zwischenfällen – der Hund beißt zu und verletzt jemanden – und am Ende kommt er dann ins Tierheim, und manch einer bleibt dort sein Leben lang, denn natürlich kann Gerd Schmidt ihn nicht an die nächstbeste Familie vermitteln, die ins Tierheim kommt und einen netten Familienhund sucht. Die Leidtragenden sind letztendlich die Hunde, die zu einem Leben im Tierheim verdammt sind, und die Tierschutzvereine, die die Arbeit mit und die Kosten für die Hunde haben.

Der Schlüssel zur Lösung liegt in der Hand der Regierung
Lokal, so Herr Schmidt, könne man gegen dieses Problem nichts machen, es gehöre auf Bundesebene gelöst. „Das, was die Züchter da machen, ist einfach falsch. Aber es ist gesetzlich erlaubt. Die Hundezucht ist zu wenig reguliert“, sagt Gerd Schmidt. Der Haustiermarkt ist lukrativ und niemanden interessieren die Probleme, die dabei entstehen.

Gerd Schmidt hat klare Forderungen, mit welchen er die Politik auch schon kontaktiert hat: Der Staat muss sich um die Hundezucht mehr kümmern, er muss sie besser regulieren und dringend etwas dagegen tun, dass immer mehr komplizierte und auch gefährliche Hunde produziert werden. Es wäre wichtig, dass das Verursacherprinzip gilt: Nicht die Tierheime sollten sich mit den Problemen herumschlagen, die die Hundezüchter erzeugen, sondern die Züchter selbst. Sie sollten streng bestraft werden, wenn sie Problemhunde an unbedarfte Menschen verkaufen, und sie sollten dazu verpflichtet sein Hunde, die gefährlich geworden sind, zurückzunehmen. Gr undsätzlich, sagt Gerd Schmidt, sei Hundezüchtung ein Problem und eigentlich vollkommen überflüssig: „ Jeder Hundeliebhaber muss wissen, dass es viel zu viele Hunde gibt. Und wer züchtet, macht das Problem nur größer.

Es gibt nur zwei Gründe, weshalb Hunde gezüchtet werden: Wegen Rassen fanatismus und aus Geldgier.
“Den Problemhunden geht es in Neuburg gut. Auch wenn sich Gerd Schmidt noch so sehr über die Hundezüchter ärgert, die Hunde selbst haben es im Neuburger Tierheim natürlich gut. Es gibt genügend Auslauf für die Tiere, sie müssen nicht im Zwinger sitzen und die Tierschützer haben bei der Vermittlung keinen Zeitdruck. Die 35 Herdenschutzhunde, die aus Aichach nach Neuburg gekommen waren, sind inzwischen erfreulicherweise sogar alle vermittelt. Belastend bleibt die Situation aber dennoch.

„ Wir haben viel mehr Problemhunde als unkomplizierte Hunde. Wenn eine normale Familie mit zwei Kindern zu uns kommt und einen Familienhund haben will, können wir ihnen nur ein paar wenige Hunde anbieten. Natürlich gebe ich ihnen keinen erdenschutzhund, das wäre verantwortungslos“, sagt Gerd Schmidt.

Ansonsten aber freut er sich immer über nette Menschen, die sich ein zu ihnen passendes Tier aus dem Tierheim holen. Früher hat er alle seine vermittelten Tiere auch noch zuhause besucht, heute geht das aus Zeitgründen nicht mehr und er verlässt sich auf sein Bauchgefühl. Gerd Schmidt sucht einen Nachfolger Eines wird klar, wenn Gerd Schmidt über seine Arbeit spricht: Sie ist hart – sowohl körperlich, als auch emotional. Mit über 70 Jahren wird es für ihn auch allmählich Zeit, kürzer zu treten, und er ist auf der Suche nach zwei Nachfolgern, einen als Vorsitzender des Tierschutzvereins und einen als Leiter des Tierheims – jemanden, der viel Tierliebe mitbringt und den Posten aus Überzeugung besetzt, aber sich vor allem als Vereinsvorsitzender auch mit Verwaltungsangelegenheiten auskennt.

Wir hoffen mit ihm, dass sich da bald zwei Menschen finden und rufen auch Sie dazu auf, sich bei Gerd Schmidt zu melden, wenn Sie gerne sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin im Tierschutzverein oder im Tierheim werden möchten! – brennessel Magain

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