Trend der sinkenden Tuberkulose-Fallzahlen in Deutschland muss zu dauerhafter Entwicklung werdenBerlin – Deutschland hat gute Voraussetzungen, um die Tuberkulose-Eliminationsziele der Weltgesundheitsorganisation zu erreichen. Tuberkulose ist eine in der Regel gut behandelbare Infektionskrankheit, an der weltweit dennoch jedes Jahr etwa 10 Millionen Menschen erkranken und etwa 1,4 Millionen sterben. Anlässlich des Welttuberkulosetags am 24. März greift das Epidemiologische Bulletin des RKI in seiner aktuellen Ausgabe 11/2021 das Thema Tuberkulose mit einer Reihe von Beiträgen auf.
Die Weltgesundheitsorganisation hat in ihrer End TB-Strategie das Ziel formuliert, im Vergleich zu 2015 die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (Inzidenz) bis zum Jahr 2035 weltweit um 90 Prozent und die Zahl der TB-Todesfälle um 95 Prozent zu senken. Angesichts der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie ist in vielen Teilen der Welt die Erreichung dieser Ziele gefährdet. Von sogenannten Niedriginzidenzländern wie Deutschland wird erwartet, dass die Fallzahlen bis 2035 unter 1 Fall pro 100.000 Einwohner sinken. Für 2020 wurden dem RKI 4.127 Erkrankungen übermittelt (Stichtag: 01.03.2021), das sind 5 Fälle pro 100.000 Einwohner und im Vergleich zu 2019 (4.812 Erkrankungen) ein deutlicher Rückgang um rund 14%. Um das Ziel der Weltgesundheitsorganisation zu erreichen, ist jedoch weiterhin eine jährliche Abnahme um mindestens 10% erforderlich.
Welch wichtigen Beitrag die Genomsequenzierung leisten kann, zeigt sich aktuell an SARS-CoV-2. Wichtig ist vor allem auch die integrierte molekulare Surveillance, also die Verknüpfung der Genomdaten mit Meldedaten. Die Tuberkulose ist hier Vorreiter. Das RKI hatte bereits vor der Pandemie mit dem Nationalen Referenzzentrum für Mykobakterien (Forschungszentrum Borstel/FZB) das Projekt „Public-Health-Beitrag einer integrierten molekularen Surveillance am Beispiel der Tuberkulose (PHIMS-TB)“ vorbereitet. Es wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Mit einer integrierten molekularen Surveillance können Tuberkulose-Ausbrüche und Übertragungsketten besser erkannt und gestoppt werden. Zudem lassen sich wichtige Erregereigenschaften wie Antibiotikaresistenzen systematisch erfassen.
Entscheidend für eine erfolgreiche Tuberkulosekontrolle sind aber auch die Aufmerksamkeit in der Ärzteschaft – bei klassischen Symptomen wie länger bestehendem Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust sollte auch an Tuberkulose gedacht werden – und das Engagement im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Der ÖGD trägt entscheidend dazu bei, dass Erkrankte früh diagnostiziert, leitliniengerecht behandelt und infektionsgefährdete Personen im engen Patientenumfeld untersucht, aufgeklärt und bei Bedarf vorbeugend behandelt werden.
Die Tuberkulosekontrolle bedarf einer multidisziplinären Zusammenarbeit aller Akteure. Daher gibt es seit einigen Jahren im Vorfeld des Welttuberkulosetags eine Tagung, die vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützt wird. Veranstalter sind das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), das Forschungszentrum Borstel (FZB) und das RKI. Die diesjährige (Online-)Tagung am 15.3. hat das DZK organisiert, mit über 500 Anmeldungen war das Interesse groß. Das DZK ist gerade 125 Jahre alt geworden und beleuchtet im Editorial des Epidemiologischen Bulletins den Stand der Tuberkulosekontrolle weltweit und in Deutschland. – Susanne G. – Robert Koch-Institut