Eichstätt, (upd) – Antike Bronzestatuen sind nicht nur künstlerische sondern auch technische Meisterwerke, die heute noch Rätsel aufgeben. Wie arbeiteten antike Bronzegießer? Gab es besondere Tricks? Und wie wirkten die Statuen, als sie noch neu waren? Einen Einblick in die Forschung zu solchen Fragen bietet die Ausstellung „Zeichnung und Experiment im Dienst der Wissenschaft“, die am Donnerstag, 8. Juli, in der Bibliothek am Eichstätter Hofgarten eröffnet wird. Ausgerichtet wird die Ausstellung von der Professur für Archäologie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU).
Im Sommer 480 v.Chr. verwüstete das Persische Landheer die von ihren Bewohnern verlassene Stadt Athen. Mit der Zerstörung der Heiligtümer auf der Akropolis begingen die Perser einen Religionsfrevel, wie er bei Kämpfen griechischer Städte unbekannt war. Die Athener beschlossen, die Heiligtümer in Ruinen stehen zu lassen als Denkmal an die monströse Tat der Barbaren aus dem Osten. So wurde der Athenatempel nur gesichert und für die religiösen Feiern instandgesetzt, ein Vorgehen, das in jüngster Vergangenheit etwa auch bei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin gewählt wurde, deren Ruinengestalt an den Zweiten Weltkrieg erinnern sollte.
Als Dank für den Sieg über die Perser erwarteten die Götter aber ein Geschenk und so errichteten die Athener aus der Kriegsbeute eine neun Meter hohe Statue der Stadtgöttin aus Bronze, ein Werk des Bildhauers Phidias. Ein solches Werk aus Bronze gab es bis dahin nicht. Es begrüßte 800 Jahre lang auf der Akropolis den Besucher, bis es von Kaiser Konstantin als Schmuck der neuen Hauptstadt nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul transportiert wurde. Dort wurde das wichtige Werk der abendländischen Memorialkultur bei einem Volksaufstand im 13. Jahrhundert zerstört. Wie die Statue ausgesehen hat, weiß man nicht. Münzen aus römischer Zeit lassen Details nicht erkennen.
Nun ist es an der Professur für Klassische Archäologie gelungen, in Zusammenarbeit mit der griechischen Antikenbehörde die Werkstatt am Südabhang der Akropolis zu lokalisieren, in der die Statue gegossen wurde. Die dort gefundenen Tonfragmente vom Guss der Statue weisen darauf hin, dass die Athena ähnlich ausgesehen hat, wie eine kleinere Skulptur aus Marmor, deren Kopf leider verloren ist.
Um zu zeigen, welche Arbeiten in der Werkstatt durchgeführt wurden, musste man die dort genutzte Technik rekonstruieren. Dabei versuchte man die Grabungsbefunde durch Experimente nachzustellen und so die Richtigkeit der Interpretation zu überprüfen. Diese Experimente wurden in Zusammenarbeit mit dem Gießereininstitut der RWTH Aachen durchgeführt.
Den Abschluss der wissenschaftlichen Arbeit bildeten zeichnerische Rekonstruktionen der Arbeitsgänge, die nach Vorgaben der Archäologen vom Eichstätter Künstler Rupert Fieger ausgeführt wurden. Es galt dabei, die einzelnen Arbeitsschritte nun zusammen zu sehen, um so zu prüfen, ob alle die notwendigen Arbeiten in dem Werkstattareal und den dort gefundenen Installationen durchgeführt werden konnten. Hier war die praktische Erfahrung von Rupert Fieger von großer Bedeutung und hat zum Verständnis der Funde wesentlich beigetragen.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur Ergebnisse langjähriger Forschungen von Gerhard Zimmer zu den griechischen Bronzegusswerkstätten, sondern auch die neuen Forschungen von Stefanie Becht, die nun der römerzeitlichen Gusstechnik gewidmet sind. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen die Grabung einer Werkstatt im Gerasa (Jordanien) und Versuche, mit Hilfe von digitalen Programmen die zerschlagenen Gussmantelformen wieder zu größeren Einheiten zusammenzufügen. Die Präsentation in der Hofgartenbibliothek zeigt also den Einsatz von medialen Hilfstechniken von der traditionellen Zeichnung über Experimente zur aktuellen Nutzung digitaler Möglichkeiten.
Eröffnet wird die Ausstellung in der Hofgartenbibliothek (Hofgarten 1, Eichstätt) um 18 Uhr. Zu sehen ist sie anschließend zu den Öffnungszeiten der Teilbibliothek: Montag 13 bis 16 Uhr; Dienstag bis Donnerstag 9-12 Uhr und 13 bis 16 Uhr; Freitag 9-12 Uhr. In den Räumlichkeiten gelten die üblichen Abstands- und Hygieneregeln sowie die Pflicht zum Tragen einer FFP-2 Maske. – Constantin Schulte Strathaus